Noch unter der Regierung von Joe Biden haben die USA den Export ihrer fortschrittlichsten Halbleitertechnologien beschränkt. Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien oder auch Taiwan und Südkorea erhalten Erleichterungen, die Schweiz aber nicht. Warum die US-Bestimmungen für die
Schweiz keinen erleichterten Zugang zu diesen Technologien vorsehen, werde derzeit geprüft, schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf eine dringliche Anfrage aus dem Nationalrat.
Der Bundesrat führt aus, dass die Bestimmungen Unternehmen sowie auch die akademische Forschung betreffen. Konkret gelten Beschränkungen für integrierte Schaltkreise mit einer Gesamtverarbeitungsleistung (Total Processing Performance, TPP) von 4800 oder mehr oder einer Gesamtverarbeitungsleistung von 1600 oder mehr und einer Leistungsdichte (Performance Density) von 5,92 oder mehr.
Freimenge liegt über dem Durchschnittsbedarf
Ausgenommen sind laut dem Bundesrat Bestellungen mit einem Volumen unter 26'900'000 TTP, was etwa 1700 H-100-Chips von Nvidia entspreche. Diese Freimenge gelte pro Unternehmen pro Jahr und sei "einiges höher als die durchschnittlich gemeldete Bedarfsmenge", fügt er an.
Erste Einschätzungen gehen gemäss der Regierung deshalb davon aus, dass die Auswirkungen auf die einzelnen Unternehmen nicht allzu hoch sein würden.
Schweiz als Wirtschafts- und Innovationsstandorten
Die Schweiz zähle jedoch zu den weltweit führenden Wirtschafts- und Innovationsstandorten, ergänzt der Bundesrat in seiner Antwort. Der möglichst freie Zugang zu wichtigen Vorleistungs- und Investitionsgütern wie Chips sei für Unternehmen und Forschungsanstalten wichtig.
Dies betont auch Digitalswitzerland auf Anfrage von inside-it.ch. Ein beschränkter Zugang zu KI-Chips könnte die Schweiz als Innovations-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort empfindlich treffen. Handelshemmnisse würden Innovationsprozesse verlangsamen und könnten Mehraufwand und zusätzliche Kosten bedeuten. "Der unlimitierte Zugang zu internationalen KI-Technologien ist für unser Land essenziell, um den Anschluss an die Spitze nicht zu verlieren", schreibt Digitalswitzerland.
Der Ökonom Hans Gersbach hält sich auf Anfrage von inside-it.ch mit Prognosen zurück und betont, dass weitere Abklärungen und Einschätzungen abgewartet werden müssten, ebenso wie die Bemühungen, diese Beschränkungen wieder aufzuheben. Er weist aber darauf hin, dass die globalen Wertschöpfungsketten von Halbleitern äusserst komplex sind, wobei einige wenige Länder den Handel dominieren. "Es gibt deshalb erhebliche wechselseitigen Handelsabhängigkeiten und grössere Störungen der Wertschöpfungsketten sind in diesem Bereich disruptiver als in anderen Bereichen", so der Co-Direktor der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich.