Die St. Galler Kantonspolizei testet derzeit verschiedene Systeme für die automatisierte Objekt- und die Gesichtserkennung. Dabei geht es vor allem um die Vorauswertung von Daten aus Überwachungskameras oder Video-Aufnahmen von Zeugen bei Ermittlungen.
Die manuelle Auswertung werde angesichts der Datenflut immer aufwendiger, erklärt Serdar Günal Rütsche, Leiter Proaktive Ermittlung der Kantonspolizei St. Gallen, auf Anfrage von inside-it.ch. Darum sollen Aufnahmen mittels künstlicher Intelligenz vorausgewertet werden. Die konkrete Identifizierung eines Tatverdächtigen obliege aber nach wie vor einem menschlichen Polizisten.
Man kämpft in St. Gallen aber noch mit einigen Hürden: So seien etwa die Lichtverhältnisse – gerade nachts, wenn Einbrüche verübt werden – oder der Winkel der Aufnahme oftmals schlecht, so Günal Rütsche. Er sieht aber auch Fortschritte, etwa beim Cloudspeicher oder der Rechenleistung, die billiger würden. Damit könne man künftig höher aufgelöste Bilder schneller auswerten.
Bei den Polizeikorps der Kantone Zürich, Basel und Bern werden derzeit keine Tests durchgeführt, wie diese auf Anfrage mitteilen. Man verfolge die Entwicklung aber mit grossem Interesse, heisst es aus Bern und Zürich.
Darum halten sich die Polizeikorps noch zurück
Ein Grund für die Zurückhaltung seien vermutlich Unsicherheiten bezüglich der gesetzlichen Grundlagen, erklärt Christian Fehrlin, CEO des Software-Unternehmens Deep Impact. "Die Behörden nehmen die Vorgaben sehr ernst", so der Unternehmer, dessen Firme eine eigene Lösung für Facial Recognition anbietet und mit staatlichen Stellen zusammenarbeitet.
Die Kantonspolizei Bern schreibt dann auch auf Anfrage: "Bezüglich der Rahmenbedingungen stützen wir uns letztlich auf die rechtlichen Grundlagen, die im Polizeigesetz des Kantons Bern und in der Schweizerischen Strafprozessordnung geregelt sind, sowie auf den Persönlichkeitsschutz, dem es ebenfalls Rechnung zu tragen gilt."
In der Schweiz ist es etwa nicht erlaubt, dass eine Software automatisch und live Kamera-Bilder von Gesichtern mit einer Datenbank abgleicht. Für den Case der St. Galler Polizei bestehen aber die gesetzlichen Grundlagen. Weder in Sachen Datenschutz noch in Fragen von Persönlichkeitsrechten, gebe es Hindernisse, sagt Günal Rütsche. Es spiele bei der Ermittlung in Straffällen letztlich keine Rolle, ob Bilder von einer Software oder dem menschlichen Auge mit einer Datenbank abgeglichen würden.
Fehrlin nennt einen weiteren mutmasslichen Grund für die vorsichtige Haltung der Polizeikorps: Wenn bereits ein Kanton eine Ausschreibung für ein solches System durchgeführt habe, dürften es weitere Interessenten einfacher haben.
In St. Gallen hat sich bislang noch nicht das eine Produkt aus den Testsystemen herausgeschält. Ende Jahr wisse man aber, in welche Richtung es gehen soll, so Günal Rütsche. Möglicherweise wird es dann eine erste Ausschreibung für eine Facial-Recognition-Software für ein Schweizer Polizeikorps geben.
Interessenbindung: Der Verlag von inside-it.ch befindet sich im Mehrheitsbesitz von Deep Impact, die aber keinerlei inhaltlichen Einfluss auf das Medium ausübt.