

SNB: "Wir erleben eine rasante Entwicklung beim Digitalgeld"
9. Oktober 2020 um 14:28Die wichtigsten Nationalbanken legen gemeinsam Prinzipien für digitales Zentralbankgeld vor. Sie sehen sich vom Innovationstempo bestürmt.
Sieben grosse Nationalbanken haben gemeinsam mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) einen ausführlichen Bericht zu digitalem Zentralbankgeld (CBDC) vorgelegt. Darin definieren die Institute was notwendig wäre, damit digitales Geld den Auftrag von Zentralbanken erfüllen kann. An der Studiengruppe ist auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) beteiligt.
Offenbar fühlen sich die Nationalbanken angesichts der Entwicklung im Bereich der Geld- und Zahlungstechnologien unter Zugzwang. In einer Mitteilung der SNB heisst es vielsagend: Obwohl praxisbezogene Analysen und technische Versuche in Angriff genommen worden seien, verlange das Innovationstempo eine Priorisierung von kollaborativen Experimenten. Der vorliegende Report ist laut EZB-Chefin Christine Lagarde ein Beleg für diese internationale Zusammenarbeit.
Im letzten Herbst – einige Monate nachdem Facebook Libra vorgestellt hatte – gab Thomas Jordan, Präsident des Direktoriums der SNB, noch zu Protokoll, sein Institut verzichte vorerst auf die Einführung einer Art "Krypto-Franken" auf breiter Front. "Denn ein breiter Zugang zu digitalem Zentralbankengeld würde das heutige zweistufige Bankensystem in Frage stellen", warnte Jordan. Statt als "Bank der Banken" zu operieren, wäre die SNB dann eine eigentliche Geschäftsbank und würde eine Rolle übernehmen, die heute dem Privatsektor zukomme.
SNB-Chef Thomas Jordan. Foto: SNB / D. Büttner
Nun lässt sich der oberste Währungshüter der Schweiz in der Mitteilung zitieren: "Wir erleben im Moment eine rasante Entwicklung im Bereich von digitalem Geld. Die Zentralbanken müssen eine fundierte Position entwickeln, ob und in welcher Form digitales Zentralbankgeld in tokenisierter Form künftig zum Einsatz kommen könnte." Derzeit testet die SNB in Basel zusammen mit der BIZ im bereits 2019 eingerichteten Innovation HUB die Integration von Zentralbankgeld in eine Distributed-Ledger-Technologie-basierte Finanzmarktinfrastruktur.
Die vier Prinzipien von digitalem Zentralbankgeld
Unter den Studienerstellern finden sich neben der SNB auch die weltweit wichtigsten Zentralbanken der USA, der EU, Englands und Japans. "Dieser Bericht stellt für die Zentralbankgruppe einen echten Fortschritt dar, indem man sich auf gemeinsame Prinzipien geeinigt und die wichtigsten Eigenschaften identifiziert hat, die man für ein einsatzfähiges CBDC-System als notwendig erachtet", wird Sir Jon Cunliffe, Zentralbanker der Bank of England, zitiert. Man lege mit dem Report einen Rahmen vor, wie Zentralbanken in der sich stets wandelnden digitalen Welt Geld zur Verfügung stellen und Zahlungssysteme unterstützen könne.
Ein solches Geld muss den Auftrag der Nationalbanken erfüllen. Die SNB hat sich laut Verfassung vom Gesamtinteresse des Landes leiten zu lassen, als vorrangiges Ziel die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen.
Damit dies erfüllt sei, müsse die Einführung "umfassenderen strategischen Zielen dienen", schreibt die SNB in der Mitteilung. Sie dürfe insbesondere die Geld- und Finanzstabilität nicht gefährden. Zudem müsse digitales Geld in einem flexiblen und innovativen Zahlungssystem koexistieren können. Und schliesslich sollen die Eigenschaften Innovation und Effizienz fördern. Die nun dafür definierten vier Grundprinzipien eines künftigen CBDC-Systems lauten:
- Es muss widerstandsfähig und sicher sein, um die betriebliche Integrität aufrechtzuerhalten.
- Es muss bequem zu nutzen und mit sehr geringen oder gar keinen Kosten für die Endnutzer verbunden sein.
- Es muss von angemessenen Standards und einem klaren rechtlichen Rahmen untermauert sein.
- Es muss dem Privatsektor eine adäquate Rolle einräumen sowie den Wettbewerb und die Innovation fördern.
Die Gruppe der Zentralbanken will weiterhin am Thema zusammenarbeiten. Man wolle aber den Entscheid nicht vorwegnehmen, ob ein digitales Zentralbankgeld auf ihrem Hoheitsgebiet eingeführt werden soll oder nicht, heisst es in der Mitteilung der SNB.
Der Bericht mit detaillierteren Richtlinien kann in Englisch von der Website der BIZ heruntergeladen werden.
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