Parldigi direkt: Ich hasse Social Media

23. April 2025 um 09:31
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Dominik Blunschy. Foto: zVg

Die Bürgerinnen und Bürger müssen vor den Gefahren der sozialen Medien durch eine durchdachte Regulierung geschützt werden, meint Kolumnist Dominik Blunschy.

Von der Brieftaube bis ins Metaverse – die Entwicklung unserer Kommunikation ist atemberaubend. Noch nie war der Zugang zu Informationen so einfach. Noch nie war es so kompliziert, dabei nicht unterzugehen. Als Softwareingenieur sollte mich diese Entwicklung eigentlich begeistern: Fortschritt, Innovation, Vernetzung. Und natürlich genügend Arbeit für die IT-Branche. Tatsächlich hat die digitale Kommunikation viele positive Seiten. Sie demokratisiert Wissen, schafft neue Formen des Dialogs und ist immer und überall verfügbar.
Aber sie überfordert uns. Zunehmend.
Ich mache kein Geheimnis daraus: Ich hasse Social Media. Instagram, Linkedin, Tiktok – überall Narzissmus, Oberflächlichkeit und der ewige Kampf um Aufmerksamkeit. Ich bevorzuge ein persönliches Gespräch statt eines Chats mit Daumen hoch. Ich telefoniere lieber, als endlose E-Mails zu schreiben. Vielleicht bin ich da altmodisch. Aber ich bin überzeugt: Der direkte Kontakt bleibt der wertvollste.
Und doch bin ich als Politiker auf diese Kanäle angewiesen, will ich Menschen erreichen. Auch jene, die nicht an Podiumsdiskussionen oder Veranstaltungen teilnehmen.

Nährboden für echte Probleme

Was mich daran stört? Social Media ist längst nicht mehr nur Spielplatz für Eitelkeiten. Die vielen neuen Kanäle sind auch Nährboden für echte Probleme: Betrugsmaschen, Cybermobbing, Fake News, psychische Belastungen – bei Jugendlichen ebenso wie bei Erwachsenen. Und dann ist da noch der Datenschutz: Wir teilen private Inhalte, Meinungen, Standorte – oft unbedacht und ohne Kontrolle, wo diese Daten landen. Und bei wem.
Ja, wir reagieren darauf: mit Aufklärung, Medienbildung, Präventionskampagnen. Doch die eigentliche Frage bleibt ungelöst: Wie viel Kontrolle geben wir preis?
Unsere Daten landen auf Servern in Staaten, die nicht zwingend unsere Verbündeten sind. Die USA galten lange als sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Partner – heute sind sie zunehmend unberechenbar. Und andere Akteure haben längst eigene Interessen. Je abhängiger wir uns machen, desto verletzlicher wird unsere Gesellschaft. Unsere Demokratie. Unsere Wirtschaft.

Regulierung unabdingbar

Deshalb fordere ich eine durchdachte Regulierung grosser Plattformen. Nicht, weil ich Regulierung per se gut finde – das tue ich nicht. Auch nicht, weil ich glaube, Technologie lasse sich immer zuverlässig zügeln – das tut sie nicht. Sondern weil wir unsere Interessen schützen müssen: die Souveränität unseres Landes, die Sicherheit unserer Daten und die freie Meinungsbildung in der Schweiz.
Ein sinnvoller rechtlicher Rahmen hilft uns, die Kontrolle zurückzugewinnen – ohne Innovation zu ersticken. Denn unsere Demokratie darf nicht zum Spielball externer Algorithmen werden.
Meine persönliche Abneigung gegenüber Social Media spielt dabei eine Nebenrolle. Und ja – ich werde diese Meinung selbstverständlich auf möglichst vielen Kanälen verbreiten. Ich freue mich über jeden Like und jeden Share!

Über die Kolumne

Jeden Monat äussern sich Politikerinnen und Politiker sowie digital-politisch Engagierte aus allen Lagern zum Geschehen in Bern und in den Kantonen in der "Parldigi direkt"-Kolumne. Heute schreibt Nationalrat Dominik Blunschy (Mitte/SZ).

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