10?! Myke Näf, Doodle-Gründer

28. November 2022 um 08:47
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Der Gründer und ehemalige CEO von Doodle, Myke Näf, ist heute Managing Partner von Übermorgen Ventures, einer Schweizer Investmentgesellschaft. In unseren 10 Fragen verrät er seine 6 Tipps für junge Talente und welche Jobs er meidet.

1. Was war Ihr erster Computer und woran erinnern Sie sich speziell? Ein C64. Es gibt viele Dinge, an die ich mich erinnere. Zum Beispiel an LOAD "*",8,1. Daran, wie spannend es war, alle Nuancen dieser Welt zu entdecken. An erste Programmierschritte und das Instant-Gratification-Gefühl, wenn der Code funktionierte.
An unzählige Stunden beim Abtippen von Seiten über Seiten von Maschinencode aus dem Happy Computer Magazin mithilfe eines Lineals.
Oder an eines meiner ersten Lieblingsspiele: Vermeer. Und daran, wie meine Version nur auf Datasette speichern konnte, ich aber schon ein Floppy Disk Drive hatte, was dazu führte, dass ich den Rechner eine Woche durchlaufen lassen musste, bis ich das Spiel durchgespielt hatte.
2. Gibt es einen Informatikberuf, den Sie nicht mehr ausüben möchten und warum? In der Informatik im engeren Sinn käme nach wie vor alles in Frage. Was ich vermeide, sind Positionen, bei denen zu viel Politik im Spiel ist.
3. Wie wird sich Ihre Rolle in den nächsten Jahren verändern? Übermorgen Ventures ist selbst noch ein Startup. Bisher haben wir 4 Gründerinnen und Gründer alles selber gemacht und da angepackt, wo es nötig war. Aktuell schliessen wir unsere jüngste Finanzierungsrunde ab, die uns auch ermöglichen wird, das Team auszubauen. Das wird voraussichtlich dazu führen, dass meine Rolle in Zukunft noch stärker auf Investment-Entscheide und die Unterstützung bestehender Portfoliounternehmen ausgerichtet sein wird.
4. Was raten Sie jungen Informatikerinnen und Informatikern, die Karriere machen wollen?
  1. Überlegen, was "Karriere" für einen selbst bedeutet.
  2. Dann nicht auf den eigenen Karriere-Gedanken versteifen und offen für Opportunitäten bleiben.
  3. Wettbewerb so weit möglich aus dem Weg gehen.
  4. Im Zweifelsfall selber etwas bauen.
  5. Dabei so fokussiert wie möglich sein.
  6. Den Mut haben, einfach zu bleiben.
5. Was lernten Sie erst in Ihrer jetzigen Rolle über Technologie und nicht vorher? Es wird mir immer klarer, wie schwierig es ist, ein hervorragendes Produkt zu bauen.
Und nachdem mein professionelles Leben bisher vor allem aus Bits bestanden hat, lerne ich bei Übermorgen Ventures jetzt viel über Geschäftsmodelle mit Atomen, Molekülen, Elektronen oder Ionen.
6. Welche IT-Produkte oder -Dienstleistungen von früher vermissen Sie heute? Keine. Aber viele schöne Erinnerungen bleiben.
7. Wird es im Laufe der Karriere einfacher oder schwieriger, sich für Technologie-Versprechungen zu begeistern? Für mich eher schwieriger. Weil vieles nicht neu, sondern eine Iteration von bestehenden Ideen ist, braucht es heutzutage mehr, bis ich mich für eine Technologie so richtig begeistern kann.
8. Welche Technologie wird in den nächsten 5 Jahren Ihrer Meinung nach den grössten Einfluss auf die Gesellschaft haben und warum? Über diesen überschaubaren Zeitrahmen von 5 Jahren werden es eher die mittlerweile einigermassen unaufregenden weiteren Digitalisierungsschritte sein, die neu kommen oder sich weiter ausbreiten: digital Banking, digitale Versicherungsprozesse, digitale Prozesse in Unternehmen, digitale Kinderbetreuung, digital Supply Chains, digital alles.
Die grossen Veränderungen durch AI/ML oder Crypto/Web3 oder AR/VR/MR und andere Technologien werden vermutlich noch länger als 5 Jahre brauchen, um die Gesellschaft breit zu beeinflussen.
Bei meiner heutigen Arbeit steht nicht die Digitalisierung im Vordergrund, sondern die Dekarbonisierung. Es gibt da allerdings viele Berührungspunkte, weil viele Prozesse dank Digitalisierung auch sparsamer und klimafreundlicher gemacht werden können.
9. Gibt es eine Entwicklung in der IT, die Sie für total überschätzt halten? Es fällt mir keine ein.
10. Wie breitet sich Ihr Unternehmen auf die mögliche Strommangellage vor und was tut es dagegen? Bei Übermorgen Ventures ist ein Stromausfall nicht gravierend, weil es keine Dinge gibt bei uns, die derart zeitkritisch sind, dass sie nicht ein paar Stunden warten könnten.
Anders bei den Startups, bei denen wir investiert sind: Diese haben wir darauf sensibilisiert, dass das Risiko für längere Stromausfälle grösser ist als normal und dass sie entsprechend Vorkehrungen treffen sollten, soweit sinnvoll. Dabei geht es über die Stromversorgung in Rechenzentren hinaus auch um andere Prozesse wie beispielsweise den Kundensupport oder die Fähigkeit, im Worst Case überhaupt mit den Kunden und anderen Mitgliedern im Team in Kontakt treten zu können.

Zur Person

Myke Näf ist Co-Founder und Managing Partner bei Übermorgen Ventures, einer Schweizer Investmentgesellschaft, die in Climate-Tech-Startups investiert. Davor war er, beziehungsweise ist er, Business Angel, Coach, Verwaltungsrat, Doodle-Gründer und -CEO, Dozent, Security-Engineer und -Officer.

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