Wie alle anderen SAP-Kunden muss auch die Bundesverwaltung bis spätestens 2027 auf S/4 Hana migrieren. Dabei fährt der Bund zweigleisig: Die Programme heissen "Superb" und "ERP-Systeme V/ar". In Ersterem gehts um die SAP-Migration der Bundesverwaltung, bei Letzterem um die "einsatzrelevanten SAP-Systeme des VBS", also der Armee.
Die Unterscheidung sei notwendig, weil der Armee "ein gehärtetes, autark funktionierendes und de- und regradierbares System zur Verfügung stehen soll", wie einem aktuellen Prüfungsbericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) zu entnehmen ist. Es sei wesentlich, dass das SAP-System "über alle Lagen autark und geschützt betrieben werden kann." Allein für "ERP-Systeme V/ar" wird mit Kosten von 468 Millionen Franken gerechnet, wie es dort weiter heisst.
Der komplexe Teil kommt erst noch
Mehr als die Hälfte des Betrags, 247 Millionen Franken, wurde schon ausgegeben. So hoch waren die Ist-Kosten des Programms zum Zeitpunkt der EFK-Prüfung im Mai 2023. Für die bisher geleistete Arbeit verteilt die EFK Lob. Die bisherigen Etappen hätten termingerecht umgesetzt und erfolgreich abgeschlossen werden können. Nur: Bisher wurde der komplexe Teil des Projekts noch nicht wirklich in Angriff genommen.
"Mit den Etappen eins und zwei (in der man sich aktuell befindet, d. Red.) wird das S/4Hana SAP-System für den Normalbetrieb aufgebaut." Damit realisiere das Programm insbesondere den Technologiewechsel und stelle der Armee ein System für den Normalbetrieb zur Verfügung. Erst in der dritten Phase "erfolgt der Aufbau der Infrastruktur für einen autarken Betrieb", schreibt die EFK. Und jetzt wirds kompliziert: Zum Prüfungszeitpunkt gab es noch keinen Entscheid, welche Technologie dafür zum Einsatz kommen soll. Und das Programmausschussmeeting, in dem das hätte beschlossen werden sollen, ist laut EFK-Bericht mehrmals verschoben worden.
Entscheidende Sitzung mehrmals verschoben
"Zum Prüfungszeitpunkt war noch nicht abschliessend geklärt, wie der Lösungsansatz aussieht", heisst es von der EFK. Die Prüfungsbehörde "vermisst eine transparente Kommunikation zu diesen richtungsweisenden Entwicklungen", schreibt sie. Sie empfiehlt der Armee, das Programm "ERP-Systeme V/ar" nach Inbetriebnahme des Systems für den Normalbetrieb zu beenden und den Aufbau jenes für den autarken Betrieb in ein neues Projekt zu packen. Die Armee ist mit dieser Empfehlung einverstanden.
Verkompliziert wird die Geschichte dadurch, dass die autarke ERP-Lösung Schnittstellen zu Anwendungen ausserhalb des geschützten Bereichs benötigt. Deshalb habe die Armee entschieden, das SAP-System für den Normalbetrieb durch das BIT betreiben zu lassen. Das sei eine Abkehr, SAP gesamtheitlich in einer autark funktionierenden Umgebung zu betreiben, moniert die EFK. Die Behörde sieht bei diesem Entscheid auch Positives und nennt unter anderem Synergiepotenziale.
Technologie-Entscheid ist überfällig
Im heute veröffentlichten Bericht heisst es, dass der Technologie-Entscheid für das autarke System im Juni hätte getroffen werden sollen. Das ist bis heute nicht passiert. Auf Nachfrage beim VBS heisst es: "Derzeit laufen noch Abklärungen zu diesem System." Sobald diese abgeschlossen seien, werde ein neues Vorhaben geplant, so Sprecherin Delphine Schwab-Alleman zu inside-it.ch. Dabei pressiert es jetzt: Die Umsetzung der einsatzkritischen Architektur ist ab 2025 geplant.