Berner Grossrat winkt Digitalgesetz durch

8. März 2022 um 12:55
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Das Berner Rathaus, politisches Zentrum von Kanton und Stadt Bern.

Vor der Abstimmung wurde der Gesetzesartikel zu Open Source Software und Open Data verbindlicher formuliert. Abgelehnt wurde zudem ein Passus zur ressourcenschonenden Umsetzung der Strategie.

Die Schlussabstimmung im Berner Grossrat, dem Kantonalparlament, zum "Gesetz über die digitale Verwaltung (DVG)" war ein klares Verdikt: Es wurde in zweiter Lesung mit 135 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Auch in erster Lesung wurde dem DVG bereits einstimmig zugestimmt.
Ganz so problemlos, wie sich die Abstimmungsergebnisse anhören, war die Debatte indes nicht. Zu reden gab Artikel 2, der die Ziele des Gesetzes definiert: Die Ratslinke unterlag mit 71 zu 62 und der Forderung, nach einer "ressourcenschonenden" Umsetzung der Digitalstrategie.
Nach der ersten Lesung vom 30. November 2021 wurde ausserdem Artikel 26 zu Open Source Software und Open Data mit deutlicher Mehrheit an die Kommission für Staatspolitik und Aussenbeziehungen (SAK) zurückgewiesen. Bei der ursprünglichen Passage
"Die Behörden können Software, andere Immaterialgüter und Daten unter einer Lizenz veröffentlichen, welche die kostenlose Nutzung, Weitergabe und Veränderung durch alle erlaubt."
sollte geprüft werden, ob statt der "Kann-Formulierung" nicht eine verbindlichere Regelung möglich sei.

Gesetzgeber verankert Open Source stärker im Gesetz

Die neue, jetzt verbindliche Formulierung ist leicht, aber entscheidend anders. Statt Daten unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlichen zu können, werden diese nun immer veröffentlicht, wenn der Aufwand verhältnismässig ist und öffentliches Interesse besteht:
"Die Behörden veröffentlichen Software oder andere Immaterialgüter unter einer Lizenz, welche die kostenlose Nutzung, Weitergabe und Veränderung durch alle erlaubt, wenn a) ein wesentliches öffentliches oder privates Interesse besteht und b) der mit der Veröffentlichung verbundene Aufwand verhältnismässig ist."
Neu ins Gesetz aufgenommen wurde ausserdem Absatz 3:
"Die Behörden können der Allgemeinheit Daten zur freien Nutzung zur Verfügung stellen, wenn a) die Daten sich für eine Wiederverwendung eignen und b) der mit der Zurverfügungstellung verbundene Aufwand verhältnismässig ist."
Gesetz setzt Datenaustausch zwischen Behörden voraus
Das Gesetz verankert als Zielsetzung, dass die Abläufe der Behörden im Kanton schrittweise und möglichst vollständig digitalisiert werden. Das "Primat des Digitalen" stiess im Parlament auf breite Zustimmung. Dadurch solle die Kommunikation einfacher, schneller und effizienter werden.
Dazu gehört etwa die Regelung, wonach Personendaten soweit möglich für alle Behörden nur einmal erhoben werden. Was bei genauer Lesart bedeutet, dass Berns Ämter künftig Schnittstellen für den sicheren Austausch von Personendaten benötigen.

Das papierlose Bern kommt (noch) nicht

Das Papier wird aber auch in Zukunft nicht ganz aus der Verwaltung verschwinden. Zwar besteht kein Rechtsanspruch darauf, allgemeine Behördeninformationen – wie zum Beispiel Gesetze – auf Papier zu erhalten. Doch kann jede Person eine Papierkopie verlangen, wenn sie glaubhaft macht, dass ihr die Einsicht in die digitale Form nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

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