Ethik-Boards werden ein Top-Thema 2020

23. Januar 2020 um 10:21
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Die Think Tank-Gründerin erklärt im Gastbeitrag, warum immer mehr Firmen ein Ethik-Board einführen. Und es gibt Tickets für die Shift 2020 zu gewinnen.

Die Initiative für ein Ethik-Board geht von Schlüsselpersonen aus, die in relativ neuen Stabsstellen wie Compliance, Datenschutz, Datenmanagement und Innovation arbeiten. Sie verfügen über ein technologisches Grundverständnis und setzen sich tagtäglich mit neuen, datenbasierten Geschäftsmodellen auseinander. Einfache Prozesse sollen automatisiert und das Potenzial von Daten und neuen Technologien gesetzeskonform genutzt werden.
Doch nicht alles, was möglich ist, wird von den Kunden akzeptiert und ist gesellschaftlich erwünscht. Dazu gehören beispielsweise Vorbehalte bei der Nutzung von Verhaltens- und Bewegungsdaten, Akzeptanzprobleme bei individualisierten Preisen sowie die Kritik an der Gesichts- und Stimmerkennung, um die Eigenschaften einer Person (vermeintlich) zu erfassen. Dieser Zielkonflikt zwischen dem Machbaren und dem Wünschbaren ist oft der Auslöser für die Empfehlung an die Geschäftsleitung, ein Ethik-Board einzurichten. Gleichzeitig schafft es die Voraussetzung für eine konsistente und glaubwürdige Kommunikation. Doch was erwarten Geschäftsleitung und Mitarbeitende von einem Ethik-Board?

Die interne Erwartung an das Gremium

Besonders gross ist der Wunsch der Mitarbeitenden, offene Fragen systematisch und schnell zu klären. Es geht um die Güterabwägung unterschiedlicher Interessen, weshalb die Mitglieder des neuen Gremiums intern akzeptiert und das Vertrauen der Geschäftsleitung geniessen sollten. Dabei gilt es, die Erwartungen der externen Stakeholder, insbesondere der Kunden, frühzeitig einzubeziehen. Auch die Abteilung für Corporate Social Responsibility (CSR) wird eingebunden, damit sie die Brücke zu weiteren Stakeholdern schlagen und eine konsistente CSR-Strategie sicherstellen kann.
Die Mitarbeitenden sind sich sehr wohl bewusst, dass sie deutlich mehr wissen als die Kundinnen und Kunden des Unternehmens. Diese Informationsasymmetrie existiert zwar auch in anderen Bereichen wie Nachhaltigkeit und Gesundheit. Bei neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz spitzt sich dieses Ungleichgewicht allerdings zu. Gerade weil vieles relativ neu ist, verfügen Kundinnen und Kunden sowie weitere Stakeholder wie Behörden und Politik häufig nicht über das nötige Wissen, um mit der technologischen Entwicklung Schritt halten zu können. Das Ethik-Board bietet Unternehmen die Möglichkeit, sich im geschützten Rahmen mit den Folgen der eigenen Handlungen auseinandersetzen zu können. Es geht um eine Technologiefolgenabschätzung.
Eng damit verbunden ist eine weitere Erwartung: Unternehmen, die über ein Ethik-Board verfügen, sollen zusätzliches Wissen über die Chancen und Risiken im Umgang mit Daten und neuen Technologien aufbauen und intern teilen. Es soll Entscheidungsträgerinnen und Fachexperten den nötigen Raum bieten, um sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und gesellschaftspolitischen Fragen auseinanderzusetzen. Denn allen Beteiligten ist bewusst, dass grundlegende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft im Gang sind, die sich heute nur beschränkt überblicken lassen. Die interne Bündelung der Kräfte ist deshalb auch den Anfang eines gemeinsamen Prozesses. 
Verlosung
Wir verlosen unter unseren Lesern zwei Tickets im Wert von je 620 Franken. Schreiben Sie uns eine Mail mit dem Betreff "Ich will an die Shift 2020" sowie Name und Adresse an [email protected]. Beeilen Sie sich! Die Absender der ersten zwei Mails, die bei uns eintreffen, erhalten ein kostenloses Ticket.

Die glaubwürdige Etablierung eines Ethik-Boards

Für die erfolgreiche Etablierung eines Ethik-Boards ist entscheidend, dass es zur Unternehmenskultur und zur personellen Ausgangslage passt. Deshalb wäre es ein Fehler, die Gremienlandschaft eines anderen Unternehmens kopieren zu wollen. Auf dem Weg, die ideale Form für das eigene Unternehmen zu finden, können andere Beispiele eher als Inspirationsquelle dienen. Dazu gehören etwa das “Datenethik-Board” der Swisscom und das "Data Board" der Mobiliar. Über ein internes Ethik-Board verfügen auch global agierende Unternehmen wie SAP und Avanade. Bei Avanade beispielsweise, einem Joint-Venture von Microsoft und Accenture, ist eine "Digital Ethics Task Force" für die operative Umsetzung der Ethik-Richtlinie zuständig. Dazu gehören insbesondere Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeitende. Zusätzlich gibt es einen internen “Ethics and Compliance Council”, ein 10-köpfiger Beirat, der vom CEO von Avanade geleitet wird, was kein Zufall ist: Seit rund zwei Jahren positioniert sich das Unternehmen aktiv beim Megatrend Digitale Ethik, was sich positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden auswirkt, so die Erfahrung von Avanade Schweiz.
Erst wenige Unternehmen verfügen über ein externes Ethik-Board, darunter SAP und Microsoft. Beide Unternehmen haben ein Begleitgremium eingesetzt, das sich mit den Chancen und Gefahren Künstlicher Intelligenz auseinandersetzt. Konkrete Projekte der jeweiligen Unternehmen, wie dies bei internen Gremien der Fall ist, werden allerdings nicht beurteilt. Zu den Ausnahmen gehört das externe Ethik-Board von Novartis. Seit Mitte 2017 gibt es das "Independent Bioethical Advisory Commitee" (IBAC). Man könnte auch von einem "Ethik-Board as a service" sprechen. Gerade bei komplexen Fällen ist Novartis froh um eine unabhängige Zweitmeinung, als Ergänzung zur internen Expertise. Diese Zusammenarbeit hat sich innert kürzester Zeit etabliert.
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    Cornelia Diethelm

    Gastautorin

    Sie ist Gründerin des Centre for Digital Responsibility (CDR), einem Think Tank für Digitale Ethik.

Der Zusatznutzen externer Ethik-Boards

Bisher haben sich erst wenige Unternehmen für ein externes Ethik-Board entschieden, was sich in den nächsten Jahren ändern dürfte. Dafür sprechen mindestens drei Gründe:
  1. Innerhalb eines Ethik-Boards braucht es eine Diskussion auf Augenhöhe, denn so kommen unterschiedliche Einschätzungen und Argumente zur Geltung. Doch innerhalb eines Unternehmens gibt es klare Hierarchien, zum Beispiel geniessen Personen mit Umsatzverantwortung mehr Akzeptanz als Stabsstellen. Die Mitglieder eines internen Gremiums werden sich unweigerlich an der hierarchisch höchsten Person orientieren und keine Meinung vertreten, die ihrer beruflichen Karriere schaden könnte.
  2. Externe Personen sind nicht nur unabhängig und ergänzen so die Innensicht der Mitarbeitenden und der Führungskräfte. Sie bringen zusätzlich das methodische Rüstzeug mit, um sich mit komplexen, technologiebasierten Themen auseinanderzusetzen. Diese Stärke wird bereits erfolgreich in der Politik genutzt.
  3. Die Aussagen unabhängiger Dritter wirken deutlich glaubwürdiger als Unternehmen, die sich selber beurteilen. Dies zeigen auch die langjährigen Erfahrungen aus der Corporate Social Responsibility (CSR). Führungskräfte und Mitarbeitende wissen zwar deutlich mehr als Aussenstehende, doch nicht immer ist dies von Vorteil. Gerade bei Veränderungsprozessen wie der Digitalen Transformation müssen neben rationalen Argumenten auch Emotionen und subjektive Wahrnehmungen der Stakeholder genügend einbezogen werden.

Fazit

Für Unternehmen lohnt es sich, in ein Ethik-Board zu investieren. Es trägt entscheidend dazu bei, dass intern Wissen aufgebaut und Risiken reduziert werden. Gleichzeitig kann sich das Unternehmen so als vertrauenswürdig gegenüber Kunden, Mitarbeitenden und der Gesellschaft erweisen. Dieses Vertrauen ist zwingend nötig, um das Potenzial von Big Data, Künstlicher Intelligenz & Co. vollständig nutzen zu können. Zum Nutzen der Gesellschaft.
Interessenbindung: Wir sind Medienpartner der Shift 2020.
Zur Konferenz "Shift 2020".
Was begeistert Kundinnen und Kunden bei neuartigen Angeboten, die dank Big Data, Künstlicher Intelligenz & Co. möglich sind? Was akzeptieren sie, was nicht? Diese Fragen stehen im Zentrum der Shift, der jährlichen Konferenz zu Kundenerwartungen und Akzeptanzfragen bei digitalen Geschäftsmodellen.
An der Shift 2020 werden u.a. Prof. Sarah Spiekermann (Autorin  "Digitale Ethik"), Matthias Spielkamp (GF AlgorithmWatch), Elke Baumann (Director Global Ethics & Compliance, Novartis Pharma) oder Manfred Kulmitzer (Leiter Informationsmanagement ZKB) sprechen.
Sie findet am 27. Februar 2020 im X-TRA in Zürich statt.
Detailprogramm und Tickets 

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