Die Armee baut eine Digitalisierungsplattform, die 433 Millionen kosten soll. Laut Finanzkontrolle rechnete die Projektleitung aber zweifelhaft.
Nächstes Jahr wird das Kommando Cyber seine Arbeit aufnehmen. Für ihre Aufgaben benötigt die Organisation der Schweizer Armee eine "Neue Digitalisierungsplattform" (NDP), die die gesamte IKT-Infrastruktur in den Rechenzentren der Armee abdeckt. Auf der Plattform sollen die IT-Services der Armee standardisiert werden und auch Subsysteme des bestehenden Luftraumüberwachungs- und Führungssystems laufen. Das Projekt ist entsprechend hoch priorisiert.
Die Plattform soll am 1. Juli 2026 live gehen, das VBS rechnet offiziell mit 433 Millionen Franken. Nun hat die Finanzkontrolle (EFK) das Projekt angeschaut und kommt zu einer durchzogenen Bilanz. Das hochkomplexe Projekt habe sich verzögert, zugleich seien aber wichtige Grundlagen und erste Ergebnisse geschaffen worden, heisst es von der stets sachlichen EFK. Grosse Mängel sieht sie aber in der Governance und im Reporting. Zudem drängt sich beim Lesen des Berichts (PDF) der Verdacht auf, dass die Berechnung von Finanzzahlen viel mit Glückzu tun hat.
Aufgrund des frühen Stadiums kann die EFK noch nicht beurteilen, ob die Plattform wie geplant im Sommer 2026 bereit sein wird. Der ursprünglich per 1. April 2022 geplante Meilenstein "30" – Beginn der Realisierungsphase – war zum Prüfungszeitpunkt noch nicht freigegeben. Mit einem Jahr Verzögerung, im Mai 2023, wurde die Freigabe aber nachgeholt, wie einer Stellungnahme des Projekts Kommando Cyber zu entnehmen ist. Es versichert: "Diese bewusste Verzögerung der Phasenfreigabe hat keine Auswirkung auf die Realisierungsphase des Werks." Nach einem Teilrelease ständen nun Basisdienste zur Verfügung, die weiteren Releases würden bis Ende 2024 ausgerollt.
Zeitplan, Governance und Finanzzahlen
Bei der Projektgovernance sieht die EFK grosse Mängel. Trotz einer neuen Governance, die im Frühling 2022 angeordnet worden sei, sei hier noch einiges zu tun. Auch beim externen Qualitäts- und Risikomanagement gebe es Nachholbedarf. Richtig abenteuerlich wird es aber offenbar beim Reporting und der Berichterstattung. Die EFK schreibt deutlich: "Besonders unzuverlässig sind die Finanzzahlen." Statt diese aus dem ERP-System SAP zu beziehen, müsse man sich auf eine Exceldatei des Projektleiters und ein fehlerhaftes Projektmanagement-Tool verlassen.
Kalkulation der Kosten. Grafik aus dem EFK-Bericht
Die Nachkalkulationen der EFK hätten gezeigt, dass die Addition der Kosten bis 2021 um 12 Millionen zu tief ausgefallen sei. Zudem sei die Berechnung der voraussichtlichen Kosten bis 2024 und nachfolgende Jahre um 96,1 Millionen Franken zu tief ausgefallen. Sie dürften 582,3 Millionen statt 486,2 Millionen Franken betragen. "Das GS-VBS beschloss nach eigenen Auskünften damals, diesen Fehler den Berichtsempfängern nicht offenzulegen, da aus seiner Sicht unwesentlich", so die EFK. Und das in einem Projekt, dessen Kredite vom Parlament genehmigt werden müssen.
Nun schreibt die EFK: Es sei zwingend, dass das Parlament über die finanziellen Aufwände korrekt informiert werde. Das VBS hat die Empfehlungen der Finanzkontrolle vollumfänglich akzeptiert. Das Generalsekretariat hat die Verantwortlichkeiten für das Controlling und Portfoliomanagement neu geregelt, das aktuelle Berichtswesen wird nach eigenen Angaben derzeit analysiert. Aber erst Mitte 2025 soll die neue Struktur umgesetzt sein.
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