Ex-Manager von Microsoft Schweiz steht in Winterthur vor Gericht

6. Juni 2023 um 07:45
  • politik & wirtschaft
  • justiz
  • microsoft
  • reseller
image
Dieses Gebäude an der Lindstrasse in Winterthur beherbergt das Bezirksgericht. Foto: Roland ZH / Lizenz CC BY-SA 3.0

Der ehemalige Verkaufsleiter soll sich am Lizenzgeschäft mit Schulen um Millionen bereichert haben. Er wurde 2012 entlassen, der Prozess hat heute begonnen.

Ein grosser Fall von Wirtschafts­kriminalität beschäftigt das Bezirksgericht Winterthur: Ein früherer Verkaufsleiter von Microsoft Schweiz soll das Technologieunternehmen um mehrere Millionen geprellt haben.
Entlassen wurde der heute 65-jährige Schweizer im Jahr 2012. Bis dahin war er als Verkaufsleiter tätig, zuständig für das Geschäft mit Software-Lizenzen für öffentliche Schulen. Er verkaufte Gemeinden, Städten und Kantonen indirekt Lizenzen, die dann vom Kindergarten über Volksschulen bis hin zu den Gymnasien verwendet wurden.
Laut Anklageschrift soll es dabei ab dem Jahr 2004 zu Unregelmässigkeiten gekommen sein. Im Frühling 2013 wurde der Mann verhaftet und für rund ein Jahr in Untersuchungshaft gesetzt. Microsoft hatte Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsführung eingereicht.

Prozess erst zehn Jahre später

Erst jetzt jedoch, mehr als 10 Jahre später, beginnt die Gerichtsverhandlung, die bis zu 9 Verhandlungstage dauern soll. Die Anklageschrift gegen den ehemaligen Verkaufsleiter sowie einen Gehilfen ist über 100 Seiten dick.
Die lange Verfahrensdauer und auch die Ansetzung von bis zu neun Verhandlungstagen illustrieren die Komplexität des Falles. So wird in der Anklageschrift unter anderem das damalige mehrstufige Vertriebssystem von Microsoft detailliert erläutert.
Microsoft verkaufte seine Software-Lizenzen nicht direkt an die Schulen, sondern über Reseller, also Wiederverkäufer. Diesen Umstand machte sich der Beschuldigte gemäss Anklage zunutze, um im Hintergrund selber Kasse zu machen.

Lizenzen für öffentliche Schulen

Er soll ein Geflecht von Firmen geschaffen haben, die er kontrollierte und bei denen er abkassierte – obwohl ihm das als Angestellter von Microsoft verboten gewesen wäre. Der Schaden soll sich auf über 4 Millionen Franken belaufen.
Im Zentrum seines Firmen-Netzwerks stand ein Unternehmen, über das zeitweise rund 90% aller Verkäufe von Software-Lizenzen im Bereich öffentlicher Schulen abgewickelt wurden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem bei Winterthur wohnhaften Mann gewerbsmässigen Betrug vor und beantragte eine Freiheitsstrafe. Die genaue Länge wird sie erst beim Prozess bekannt geben.
Das Strafgesetzbuch sieht für gewerbsmässigen Betrug bis zu 10 Jahre Haft vor. Ebenfalls vor Gericht steht ein 52-jähriger Schweizer, der dem mutmasslichen Haupttäter durch seine Tätigkeit für verschiedene Firmen beimm Betrug geholfen haben soll. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug vor. Auch er soll mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden.
Zum Beginn des Prozesses hat der Hauptangeklagte die Vorwürfe zurückgewiesen. "Ich habe für Microsoft geschuftet wie verrückt und viel Umsatz gemacht", sagte er. Er sei absolut unschuldig.
Update 14:00 Uhr: Der Bericht wurde um das Statement des Beschuldigten ergänzt. Der letze Absatz wurde hinzugefügt und der Lead angepasst.

Loading

Kommentare

Mehr zum Thema

imageAbo

AHV-Ausgleichsstelle braucht viel externes IT-Personal

Während der nächsten sieben Jahre kommt auf die Informatikerinnen und Informatiker der ZAS viel Arbeit zu. Externes Personal für 36 Millionen Franken soll sie dabei unterstützen.

publiziert am 15.7.2025
image

BE-Login funktioniert wieder

Der Zugang zu den E-Services und der elektronischen Steuererklärung ist im Kanton Bern wieder uneingeschränkt möglich.

publiziert am 15.7.2025
image

Bern und seine unendliche Rialto-Geschichte

Für das Projekt bei Polizei und Justiz wurde erneut ein freihändiger Auftrag erteilt. Die Berner GPK rechnet damit, dass sich die ursprünglichen Kosten zumindest verdoppeln.

publiziert am 15.7.2025
image

Uri hält für Justiz an Tribuna-Software fest

Der Regierungsrat beantragt einen Kredit von 480'000 Franken. Damit soll im Rahmen des Projekts E-Justiz Uri auf die Lösung Tribuna V4 umgestellt werden.

publiziert am 15.7.2025