Das System soll Hindernisse 100-mal schneller erkennen als bisherige Fahrassistenzsysteme. Entwickelt wurde es am Institut für Informatik der Uni Zürich.
Eine neuartige Autokamera erkennt Hindernisse 100-mal schneller als bisherige Fahrassistenzsysteme. Künftig soll diese von Forschenden der Universität Zürich (UZH) entwickelte Technologie dabei helfen, Autos rechtzeitig zu bremsen, wenn ein Fussgänger oder eine Fussgängerin plötzlich auf die Strasse rennt.
"Es ist ein grosser Durchbruch", sagte Davide Scaramuzza gegenüber 'Keystone-SDA'. Der Professor für Robotik am Institut für Informatik der UZH entwickelte das neue System zusammen mit Daniel Gehrig. Vorgestellt wurde es in einer in der Fachzeitschrift 'Nature' veröffentlichten Studie.
Bereits heute könnten Fahrassistenzsysteme Fahrerinnen und Fahrer vor Hindernissen warnen oder eine Notbremsung einleiten. Diese Systeme seien jedoch noch nicht schnell und zuverlässig genug. "Sie müssen noch erheblich verbessert werden, wenn sie in autonomen Fahrzeugen eingesetzt werden sollen, bei denen kein Mensch hinter dem Steuer sitzt", so Scaramuzza.
So funktioniert die Kamera
Solche Systeme arbeiten laut dem Forscher mit Standardkameras, die 30 Fotos pro Sekunde aufnehmen. Also alle 33 Millisekunden ein Bild. Um einen Fussgänger oder ein Auto zuverlässig zu erkennen und ein Bremsmanöver einzuleiten, benötigen diese Kameras mindestens drei Bilder, was die Gesamtzeit bis zum Beginn des Bremsmanövers auf 100 Millisekunden bringt. "Unser System ermöglicht es, diese Zeit auf unter eine Millisekunde zu reduzieren", erklärte Scaramuzza.
Das neue System der UZH Robotics and Perception Group. Video: Youtube
Eine Möglichkeit, dies zu verbessern, wäre in der Theorie eine Hochgeschwindigkeitskamera, die deutlich mehr Bilder pro Sekunde schiesst. Eine solche würde aber eine enorme Rechenleistung benötigen, wie die Forschenden in der Studie erklärten.
Deshalb stützten sie sich auf sogenannte Event-Kameras. Diese achten, wie es auch das menschliche Auge macht, auf Dinge, die sich schnell verändern. Anstatt ständig Fotos zu schiessen, machen Event-Kameras nur dann ein Foto, wenn sich etwas plötzlich bewegt. Auch bei diesen Kameras gibt es laut den Forschenden allerdings ein Problem: Langsame Bewegungen registrieren sie nicht zuverlässig.
Software öffentlich zugänglich gemacht
Hier setzten Scaramuzza und Gehrig an: Sie kombinierten eine Kamera, die jede Sekunde 20 Bilder aufnimmt, mit einer Event-Kamera und Künstlicher Intelligenz. Die KI wurde darauf trainiert, in den Bildern der ersten Kamera gewisse Hindernisse, wie andere Autos oder Menschen zu erkennen. Ein zweites KI-System analysiert die Daten der Event-Kamera. So werden die Daten der Event-Kamera verwendet, um vorherzusagen, was die herkömmliche Kamera sehen wird.
Bis die neue Kamera tatsächlich im Strassenverkehr zum Einsatz kommt, könnte es aber noch dauern. "Von einem solchen Proof-of-Concept bis zu Crashtests und dann einer endgültigen Einführung können viele Jahre vergehen", sagte Scaramuzza. Sie hätten die Technologie aber einem Unternehmen übergeben und die Software öffentlich verfügbar gemacht, sodass sie auch andere Unternehmen nutzen können.