Zeigt eine grosse Suchmaschine in ihren Suchresultaten Ausschnitte aus Zeitungsartikeln, soll der Online-Dienst dafür künftig eine Vergütung bezahlen müssen. Das schlägt der Bundesrat vor. Er hat die Vernehmlassung zum sogenannten Leistungsschutzrecht eröffnet.
Kern der Vorlage ist es, dass internationale Konzerne dazu verpflichtet werden sollen, Schweizer Medien für die Verbreitung von deren journalistischen Inhalten eine Abgabe zu bezahlen. Davon sollen laut dem Bundesrat auch die Medienschaffenden profitieren.
Die Angebote von Suchmaschinen, sozialen Medien und Multimedia-Plattformen basieren heute weitgehend auf den journalistischen Leistungen klassischer publizistischer Medien. Aufgrund ihrer Kürze sind die verwendeten Text- und Bildvorschauen bisher nicht durch das Urheberrecht geschützt. Daher erhalten Medienunternehmen und Medienschaffende von den Anbietern der Online-Dienste heute keine Vergütung für die Nutzung ihrer Leistungen.
Das soll sich nun ändern. Weil Online-Dienste in hohem Mass von Leistungen der journalistischen Medien profitieren, erachtet der Bundesrat eine Abgeltung der journalistischen Medien für deren Leistungen grundsätzlich als berechtigt, wie er schrieb.
Verwertungsgesellschaft soll Vergütung aushandeln
Vergütungspflichtig wären gemäss Vernehmlassungsentwurf ausschliesslich Portale, die eine durchschnittliche Zahl von Usern von mindestens 10% der Schweizer Bevölkerung pro Jahr aufweisen – derzeit wären das etwa 900'000 Nutzerinnen und Nutzer. Nach ersten Schätzungen des Bundes wären von der Regelung Online-Dienste wie Google, Linkedin, Tiktok, Twitter, Xing und Youtube erfasst.
Die Verwertung der Rechte an den Medieninhalten soll über eine Verwertungsgesellschaft erfolgen. Diese würde die Interessen der Medienunternehmen und Medienschaffenden kollektiv vertreten und mit den vergütungspflichtigen Online-Diensten die Höhe und Modalitäten der Vergütung aushandeln. Profitieren sollen von der Vergütung laut dem Bundesrat auch kleinere und regionale Medienunternehmen.
Offen lässt der Bundesrat die Frage, ob auch das Teilen von Medientexten und -bildern durch die Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien zu einer Vergütungspflicht der Anbieter führt. Er stellt dazu zwei Varianten zur Debatte. Vergütungsfrei bleiben soll indes das Setzen von reinen Hyperlinks. Für die Internetnutzerinnen und -nutzer sollten die neuen Regelungen laut dem Bundesrat keine Konsequenzen haben.
Nicht die ganze Medienbranche ist begeistert
Die Pläne des Bundesrats für ein Leistungsschutzrecht stossen auf ein gemischtes Echo. Vertreter aller Parteien, mehrere Verbände sowie Medienunternehmen setzen sich für die Idee ein. Internationale Tech-Plattformen müssten die Nutzung journalistischer Inhalte fair vergüten, schrieb die Allianz "Pro Leistungsschutzrecht" in einem Communiqué. Getragen wird das Bündnis unter anderem vom Verband Schweizer Medien (VSM), in dem die Zeitungsverlage organisiert sind, der SRG, von Verbänden der regionalen TV-Sender, der Schweizer Privatradios sowie der Kulturschaffenden.
Innerhalb der Medienbranche ist die Unterstützung nicht einhellig. Kritikerinnen und Kritiker des bundesrätlichen Vorschlags fürchten, dieser könne sich kontraproduktiv auswirken. Der Verband Medien mit Zukunft (VMZ), in dem sich 25 konzernunabhängige Medien zusammengeschlossen haben, sprach in einer Reaktion von falschen Anreizen. Es bestehe die Gefahr, dass grosse Verlage mit grosser Reichweite überproportional profitieren.
Auch die Digitale Gesellschaft Schweiz kritisierte, das Leistungsschutzrecht schade dem Qualitätsjournalismus, statt ihn zu fördern. Dies, weil es sich damit lohne, möglichst viele Klicks zu generieren.
"Das Leistungsschutzrecht killt das Internet"
Unser Chefredaktor Reto Vogt hatte
in einem Kommentar ebenfalls Kritik geäussert. Die Argumente für eine Vergütung seien zwar valide, aber die Verlage seien mit die Ursache für das Problem. "Sie haben ihre Inhalte während Jahren auf Facebook gepostet und sie für Google optimiert geschrieben – statt über eigene Vertriebswege nachzudenken und in diese zu investieren."
Der Kern des Problems sei aber: "Das Leistungsschutzrecht killt das Internet. Ein Link von einem Ort im Internet zum nächsten ist die Basis. Die Einführung einer Klick- oder Linksteuer widerspricht dem Wesen des freien Internets."
Von Swico heisst es, der Verband sei gegen die Einführung eines Leistungsschutzrechts. Zunächst sei es befremdlich, dass der Bundesrat die vom Stimmvolk verworfene staatliche Medienfinanzierung nun mit einem Leistungsschutzrecht auf Private abwälzen will. "Ferner widerspricht die angestrebte Linksteuer dem Wesen eines freien Internets, das seine Vielfalt der Beisteuerung von Inhalten und Links verdankt."
Zu den Hauptbetroffenen des Leistungsschutzrechts gehört Google. Eine Sprecherin des Unternehmens teilte der Nachrichtenagentur 'Keystone-SDA' auf Anfrage mit, man werde den bundesrätlichen Vorschlag prüfen und sich in die Vernehmlassung einbringen. Betreiber von News-Websites entschieden schon heute selbst, ob und wie Schlagzeilen und Links in der Google-Suche erschienen.