Kein gemeinsames Rechenzentrum für Steuersoftware Nest in Zürich

2. November 2023 um 07:42
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Foto: Claudio Schwarz / Unsplash

Das Update von Nest ist ein Grossprojekt der Zürcher Gemeinden. Eine gemeinsame Betriebsorganisation inklusive RZ wird es aber nicht geben. Trotzdem sei das Projekt im Fahrplan, erklärt der Präsident der IG Nest.

Im November 2022 suchte der Verein IG Nest ZH einen Anbieter für "Leistungen für den zentralen Betrieb eines Rechenzentrums". Im Verein sind 56 Zürcher Gemeinden zusammengeschlossen, deren Steuerämter die Software Nest erneuern müssen. Der Verein sah das RZ für den zentralisierten Software-Betrieb vor. Im Oktober 2023 wurde die Beschaffung jedoch abgebrochen. Begründet wird dies auf der Plattform Simap damit, "dass eine wesentliche Änderung der nachgefragten Leistungen erforderlich wird".
Michael Gutermann, Präsident der IG Nest ZH, erklärt auf unsere Anfrage zum Abbruch: "Die Ausschreibung wurde für 50 Gemeinden vorgenommen. Mit der aktuellen Umfrage zur Teilnahme hat sich die Anzahl massiv verändert." Nur noch etwa die Hälfte der Gemeinden hätten einer technischen Zentralisierung zugestimmt. Damit sei der ursprüngliche Ausschreibungsumfang nicht mehr gegeben gewesen.

Zentraler Betrieb sollte Kosten sparen

Für das Nest-Update hatte der Verein mit dem Projekt "Züri Central" vorgesehen, die Steuersoftware inklusive Datenbank in einem Rechenzentrum zu zentralisieren und eine gemeinsame Betriebsorganisation zu schaffen. Die erwarteten Synergien von 1 bis 1,5 Millionen Franken pro Jahr waren laut Verein der massgebende Grund, einen solchen Schritt umzusetzen. Durch den zentralen Betrieb werde es weiter einfacher, ein Testsystem oder ein Ausbildungszentrum zu betreiben. Auch könne rascher auf Programmanpassungen reagiert und die Digitalisierung beschleunigt werden.
"Das Projekt sah eine Softwareinstallation und eine mandantengetrennte Datenbank für alle Nest-Gemeinden vor. Diese Idee wurde von allen Gemeinden getragen", erläutert Gutermann. An der Generalversammlung vom Oktober 2022 habe man genügend Gemeindestimmen, aber zu wenige Einwohnerstimmen hinter der Idee "Fachbetrieb und Zentralisierung" versammelt können. "Da jedoch 48 der anwesenden Gemeinden für eine Zentralisierung waren, versuchte die IG-Nest-Kerngruppe, einen Fachbetriebsersatz zu finden und parallel ein gemeinsames Rechenzentrum zu schaffen. Leider konnte der Fachbetrieb nicht kostengünstig gefunden werden und beim gemeinsamen Rechenzentrum konnten sich nicht genügend Gemeinden dazu entschliessen, eine einheitliche Basis zu schaffen."

Auch keine gemeinsame Betriebsorganisation

Damit ist die Idee eines gemeinsamen RZs und einer gemeinsamen Betriebsorganisation für Nest vorläufig vom Tisch. Es werde auch keine neue diesbezügliche Ausschreibung durchgeführt, sagt Gutermann. "Die Konsequenz ist, dass vorderhand jede Gemeinde für sich selbst eine Lösung für ihre IT suchen muss."
"Da die Suche nach einem Fachbetrieb kein wirtschaftlich interessantes Resultat lieferte und da die letzte Umfrage keine Zusage zu einer technischen Zentralisierung ergab, wird der Gedanke einer Zentralisierung vorderhand nicht weiter verfolgt. In der Konsequenz ist der Abbruch der Rechenzentrumsausschreibung der logische Schritt", so der IG-Präsident.

Stadt Zürich hat ebenfalls Nest-Update beschlossen

Der Abbruch habe auf die Kosten des Projekts "Züri Central" aber keine Auswirkungen. Die im Oktober 2022 beschlossenen Budgets, und bereits von zahlreichen Gemeinden gesprochenen Beteiligungen, bleiben bestehen. Der Verein rechnet weiterhin mit Gesamtkosten von rund 10,6 Millionen Franken, sofern keine wesentlichen Änderungen der Rahmenbedingungen eintreten, wie zum Beispiel Gesetzesänderungen. Zum aktuellen Zeitpunkt seien aber keine Veränderungen der Kosten gegenüber dem Beschluss von 2022 erkennbar.
Seither hat auch die Stadt Zürich als Nicht-IG-Mitglied und als grösste Gemeinde des Kantons den Entschluss gefällt, ein Update der Steuerlösung Nest durchzuführen. Der Zürcher Stadtrat hat dafür Ende September knapp 13 Millionen Franken bewilligt. Man wolle weiterhin mit der Software arbeiten, bestätigt uns Mediensprecherin Claudia Naegeli vom Finanzdepartement. Mit dem Stadtratsbeschluss sei der Zuschlag für den Release-Wechsel von Nest an die Herstellerfirma KMS erteilt worden. "Mit den anderen Gemeinden, welche Nest im Betrieb haben, besteht eine Zusammenarbeit, um im Kanton Zürich eine möglichst einheitliche Version des Releases von Nest umzusetzen."

Umstellung soll bis Anfang 2028 abgeschlossen sein

Das Update in der Stadt Zürich soll in 2 Phasen bis 2026 respektive bis 2028/2029 erfolgen. Auch bei der IG Nest ZH sei man im Zeitplan, erklärt Michael Gutermann. Die neue Nest-Version laufe zurzeit nur auf Oracle, ein Datenbankwechsel von SQL-Server sei deshalb weiterhin zwingend notwendig. "In einem ersten Schritt erfolgt nächstes Jahr bis Anfang 2025 der Datenbankwechsel von SQL auf Oracle und ab Ende 2025 / Anfang 2026 die Umstellung auf die neue Nest-Version."
"Da aktuell 56 Gemeinden und die Stadt Zürich die Steuersoftware Nest nutzen, wird die Umstellung über ein Jahr dauern. Ab 2026 folgt der letzte Schritt, das Update von Debitor und Quellensteuer. Abgeschlossen wird die gesamte Umstellung Ende 2027 / Anfang 2028", betont Gutermann – sofern alles weiterhin nach Plan laufe. Alle Schritte wie Migration, Programmentwicklung und Einführung blieben unverändert. "Verändert hat sich einfach der Umstand, dass vorderhand jede Gemeinde für sich selbst ihre IT-Dienstleistung organisieren muss."
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