Das Bundesverwaltungsgericht geht in einem am Dienstagabend veröffentlichten Urteil davon aus, dass die Strategie von Swisscom zum Ausbau des Glasfasernetzes mit einer neuen Technologie ein missbräuchliches Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens darstellt.
So weicht Swisscom gemäss den Erwägungen des Bundesverwaltungsgericht vom Glasfaserstandard ab, der ein Vierfaser-Modell vorsieht. Damit werden vier unabhängige Glasfasern von der Anschlusszentrale bis zum Anschluss des Konsumenten verlegt.
Swisscom weicht von ursprünglicher Vereinbarung ab
Auf dieses Modell hatten sich die Unternehmen im Telekommunikationsbereich im Rahmen eines Runden Tisches ursprünglich geeinigt. Damit sollte der Konkurrenz der Zugang zu einer eigenständigen Glasfaser und damit ein offener Wettbewerb ermöglicht werden.
Swisscom will sein Netz bis 2025 mit einem Einfaser-Modell ausbauen und ihren Anteil an angeschlossenen Haushalten und Geschäften von bisher 32 auf rund 60 Prozent erhöhen. Gegen die Abweichung vom vereinbarten Standard reichte die Winterthurer Firma Init7 im September vergangenen Jahres eine Anzeige bei der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) ein.
Bundesverwaltungsgericht bestätigt Weko-Urteil
Die Weko verfügte im Dezember 2020 als vorsorgliche Massnahme den Ausbau-Stopp, bis sie ihr Untersuchungsverfahren wegen eines allfälligen unzulässigen Verhaltens des marktbeherrschenden Unternehmens Swisscom abgeschlossen hat. Die Beschwerde von Swisscom hat das Bundesverwaltungsgericht nun in einem über
200-seitigen Urteil (PDF) abgewiesen.
Es hält fest, Swisscom habe nicht glaubhaft machen können, dass ausreichende technologische oder wirtschaftliche Gründe für ihr Abweichen vom Glasfaserstandard bestehen. Zum jetzigen Zeitpunkt geht das Bundesverwaltungsgericht deshalb davon aus, dass die Verwendung der neuen Technologie ein missbräuchliches Verhalten darstellt. Dieses Urteil zu den vorsorglichen Massnahmen ist noch nicht rechtskräftig und kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Swisscom prüft Anfechtung vor Bundesgericht
Swisscom bedauert das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wie das Unternehmen am Dienstagabend mitteilte. "Swisscom erachtet die vorsorglichen Massnahmen als verfehlt." Damit drohe eine Verzögerung des Glasfasernetzausbaus bis in die Wohnungen und Geschäfte zum Nachteil von Wirtschaft und Gesellschaft.
"Wir sind überzeugt, dass wir uns fair und wettbewerbsmässig korrekt verhalten und werden nun die nächsten Schritte prüfen", wird CEO Urs Schaeppi in der Mitteilung zitiert. Konkret prüft Swisscom, ob das Unternehmen das Urteil beim Bundesgericht anfechten wird, wie eine Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur 'Keystone-SDA' sagte.
Init7 zeigte sich in einer Stellungnahme erfreut. Sie begrüsse das Urteil, heisst es in einer Mitteilung. Denn die von Swisscom zur Einführung vorgesehene Netztopologie behindere Internetprovider mit kleinem Marktanteil.