"Das Internet wird kein Massenmedium", sagte Zukunftsforscher Matthias Horx im März 2001. Ebenfalls Unrecht hatte Microsofts Ex-Chef Steve Ballmer mit seiner Aussage aus dem Jahr 2007, das iPhone spreche Business-Nutzer überhaupt nicht an, weil es keine Tastatur habe.
Im Gegensatz zum Internet und zum Apple-Telefon gabs aber auch "vielversprechende" Entwicklungen, die sich nicht durchgesetzt haben. Spontan fällt mir die Online-3D-Welt Second Life ein, die 2003 startete, schnell wuchs, aber genauso schnell wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwand. Immerhin einer erinnerte sich an die virtuelle Welt zurück: Mark Zuckerberg verpflichtete Second-Life-Gründer Philip Rosedale als
Berater für sein Metaverse. Fast wie von uns
satirisch vorhergesagt und hoffentlich kein schlechtes Omen für Zuckerberg …
Wie Pokémon Go und Second Life
Einen vergleichbaren Hype-Cycle erlebte ein weiteres Spiel: Pokémon Go. Die virtuelle Jagd nach den Fantasietierchen startete 2016. Das Interesse war riesig: Innert 20 Tagen erzielten die Betreiber 100 Millionen Dollar Umsatz. Und es wurden auch physische Events (ja, vor der Pandemie) durchgeführt. 2018 pilgerten
170'000 Menschen an die "Safari Zone" nach Dortmund. Aber heute? Ich habe das Spiel kürzlich meinen 6-jährigen Jungs gezeigt. Ihr Fazit: "Langweilig." Der Todesstoss.
Im Januar 2021 startete die App Clubhouse in der Schweiz durch, in Amerika gab es sie schon seit dem Frühling zuvor. Ich jedenfalls "feierte" diese Woche mein 1-jähriges Jubiläum als Clubhouse-Mitglied und das Gleiche dürfte dieser Tage auch in meinem Umfeld passieren. Vor einem Jahr riss man sich die Einladungen förmlich aus der virtuellen Hand und wollte auch mitreden, oder zumindest zuhören.
Ein cooles Wochenende im Clubhouse
Das Format war neu, und auch recht cool. Es liessen sich einfach und auf Knopfdruck Gesprächsrunden eröffnen, moderieren und Zuhörerinnen und Zuhörer konnten auf die "Bühne" geholt werden. Rein virtuell, nur mit Ton und nur in Echtzeit. Ich selbst experimentierte auch damit, allerdings nur kurz: "Es war ein schönes Wochenende", fasste ich meine Clubhouse-Experience auf Twitter zusammen.
Das ist zwar ein bisschen böse, aber viel länger hielt der Hype tatsächlich nicht an. Lange bevor Twitter im Mai 2021 seine Clubhouse-Kopie "Spaces" an den Start brachte, war die Kurve schon wieder abgeflacht. Clubhouse war bzw. ist für die wenigen verbliebenen Nutzerinnen und Nutzer so etwas wie lineares Mitmachradio.
Interessante Inhalte nur zu einer bestimmten Zeit zur Verfügung zu stellen, ist ein Konzept aus der Vergangenheit. Und deshalb ist Clubhouse auch ein Produkt aus der Vergangenheit. Nicht ohne Grund war der Hype darum so schnell wieder vorbei. Womöglich war es sogar der kürzeste Hype-Cycle der Tech-Geschichte.