

Pandemiebekämpfung: Bundesrat will das Daten-Management verbessern
14. Januar 2022 um 16:24Erste Verbesserungsmassnahmen des Bundes greifen zwar, aber bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens gibt es noch viele Baustellen.
Der PDF-Friedhof E-Patientendossier, das Sicherheitsdebakel von Meineimpfungen.ch, die Pannen mit dem Covid-Zertifikat, die Ausfälle der Impfplattformen oder die langsame Übermittlung von Corona-Testresultaten: punkto Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesen kamen während der Pandemie viele Mängel ans Tageslicht. Die Versäumnisse der letzten Jahre könne man nicht innert weniger Wochen aufholen, sagte Alfred Angerer, Professor an der ZHAW, als das BAG im Februar 2021 an einer Pressekonferenz Probleme einräumte.
Auf die Pannen und Kritik hat nun auch der Bundesrat reagiert und Massnahmen beschlossen sowie die Departemente mit der Berichterstattung beauftragt. Die Regierung stützt sich dabei auf einen Bericht zur ersten Phase der Coronapandemie. Die Informationen zur Entscheidungsfindung seien unvollständig gewesen, es habe insbesondere bei der Datenbeschaffung der medizinischen Befunde sowie der zeitnahen Darstellung der Lage zuhanden der Behörden gemangelt, heisst es dort.
Diverse Verbesserungen seien bereits umgesetzt, so der Bericht weiter. Konkret wurden beim BAG das Meldesystem, das Auswertungssystem und das Dashboard überarbeitet. Zudem wurde departementsübergreifend ein Business-Intelligence-Tool implementiert und ein Informations- und Einsatzsystem daran angeschlossen. Die Daten sollen nun auch über APIs zur Verfügung gestellt werden. Es bestehen aber noch Informationslücken, die man schliessen müsse, heisst es im Bericht.
Projekte in Monaten statt Jahren umgesetzt
Zu den Baustellen gehören etwa Medienbrüche, die dazu führen, dass Spitäler, Arztpraxen oder Labore Zahlen von Hand abtippen müssen. Anfangs der Pandemie hatte das Meldesystem zum Teil noch auf Faxübermittlungen beruht, was mittlerweile behoben sein soll: Waren vorerst nur gerade 500 Meldungen pro Tag im System verarbeitbar, sind es mittlerweile 100'000. Heute wurden mit Nachmeldungen 108'771 Tests aufgenommen. Im Bericht steht auch ein Lob: Was man üblicherweise in 2 bis 3 Jahren umgesetzt hätte, habe man nun in 2 bis 3 Monaten hingekriegt.
Dennoch bestehen weitere Schwächen. Unter anderem falle die Identifikation von Erkrankten und Meldestellen teilweise schwer und es gebe Redundanzen im Meldeprozess. Auch in der Analyse gibt es noch einiges zu tun, so ist aufgrund von nicht-interoperablen Systemen der Kantone bis heute eine nationale Auswertung des Contact-Tracings nicht möglich. Teilweise fehlen standardisierte Schnittstellen sowie einheitliche Identifikationsschlüssel, um zuverlässig Daten zu verknüpfen. Der Bund hat also noch einiges an Arbeit vor sich.
Um den Herausforderungen Herr zu werden, hat der Bundesrat fünf Massnahmen beschlossen. In Betracht gezogen werden neue nationale Register, automatische Meldesysteme zwischen den verschiedenen Akteuren sowie eine neue Fachgruppe von Bund, Kantonen und Verbänden. Letztere sollen ein gesamtheitliches Datenmanagement führen und steuern.
Die geplanten Massnahmen im Überblick
Als erste Massnahme soll das Innendepartement (EDI) mit dem Koordinierten Sanitätsdienst (KSD) die Anforderungen erarbeiten, die für den Aufbau eines nationalen Registers der Spitäler nötig sind. Mit einem solchen Register soll der Informationsaustausch zwischen den Spitälern, dem Bund und den Kantonen verbessert werden. Als zweite Massnahme soll von den beiden Stellen sowie der Bundeskanzlei ein Konzept erarbeitet werden, wie Akteure im Gesundheitswesen für das Gesundheitsregister vollständig und eindeutig identifiziert werden können. Zudem sollen Prozesse für Datenmeldungen verbessert und der Aufwand minimiert werden.
Des Weiteren soll die Auswertung der Daten weiterentwickelt werden, damit im Bundesamt für Statistik (BFS) eine gemeinsame Datenanalyse-Infrastruktur zur Verfügung steht. Als letzte Massnahme wird das EDI beauftragt, zusammen mit der Gesundheitsdirektorenkonferenz eine Fachgruppe für ein gesamtheitliches Datenmanagement zu konzipieren. Bereits bestehende Gremien, die sich für eine Beschleunigung der Digitalisierung einsetzen, sollen integriert oder aufgelöst werden, heisst es vom Bundesrat.
"Die geplanten Massnahmen werden zu einer langfristigen, nachhaltigen Verbesserung der digitalen Transformation im Gesundheitswesen beitragen", schreibt der Bundesrates zum Schluss seiner Mitteilung. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist eine Herausforderung: Zum einen sind die Aufgaben vom Labor über die Spitäler bis zur Pharmaindustrie über viele Stellen verteilt, zum anderen erschwert die föderale Struktur der Schweiz eine Zentralisierung. Dazu sind die Daten höchst sensibel sind und dem Datenschutz muss hohe Priorität eingeräumt werden. Wie gut dies alles mit den neuen Massnahmen unter einen Hut zu bringen ist, wird sich zeigen müssen.
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