Rückkehr ins Büro ist ausgemachte Sache

3. August 2020 um 11:44
image

Der Trend zum Homeoffice hat durch die Corona-Krise einen deutlichen Aufschwung erfahren. Was heisst das für IT-Mitarbeitende nun? Wir haben nachgefragt.

Ständig erscheinen neue Studien, die zumeist die Homeoffice-Vorteile unterstreichen. Und in Deutschland ist soeben auf Regierungsebene erneut die Frage aufgeworfen geworden, ob nicht der wegen Corona "ungewollte Grossversuch mit Homeoffice" reguliert werden müsse oder nicht, wie 'heise' berichtet.
Hierzulande hat zuletzt eine Umfrage in der Schweiz zum Corona-bedingte Arbeiten daheim herausgefunden, dass Arbeitnehmende wie Arbeitgeber sie grossmehrheitlich als vorteilhaft beschrieben haben. Auch Informatiker unter unseren Lesern sind dieser Meinung.
Doch wie sieht es in den Betrieben wirklich aus? Wir haben bei der IT von Dormakaba, Baloise, Raiffeisen Schweiz, Fenaco, Luzerner Kantonalbank (LUKB) und Emmi nachgefragt.
In einem ersten Teil rapportieren wir die Antworten der Unternehmen, ob und wie sie die Rückkehr ihrer IT-Mitarbeitenden in die Büros organisieren wollen. Anschliessend haben wir sie gefragt, welche IT-Rollen in ihren Unternehmen fürs Homeoffice prädestiniert sind.
Doch bevor die Unternehmen selbst zu Wort kommen, hier zunächst eine kurze Zusammenfassung ihrer Stellungnahmen zur Situation. So fällt bei den Auskunft gebenden 6 Unternehmen auf, dass das jetzt so vielfach als Kulturwandel propagierte Arbeiten im Homeoffice keineswegs neu ist. Schon vor der Corona-Krise konnten die IT-Mitarbeitenden ihre Präsenzzeiten selbst organisieren, hatten die Möglichkeit regelmässig im Homeoffice tätig zu sein, wurde ein Trend zum Arbeiten daheim festgestellt und eine Homeoffice-Kultur gepflegt.
Unmissverständlich klar ist aber auch, dass kein Unternehmen auf die sozialen Kontakte im Betrieb verzichten will und zumindest eine teilweise Rückkehr seiner Mitarbeitenden in die Büros entweder schon umsetzt oder aber plant. Kurz gesagt braucht es eine gute Balance zwischen 'Social Distancing' und 'Social Interaction'.
Interessant ist weiter, dass bisher firmeninterne Corona-Test keine Rolle spielen. Hingegen wird mehrfach besonders die Beachtung der Vorgaben des BAG (Bundesamtes für Gesundheit) betont. Spannend ist ausserdem, dass für die Büroarbeit in der Corona- respektive Nach-Corona-Zeit keine zusätzlichen Sicherheitstools etwa zur Eingangskontrolle oder Einsatzplanung und Raumreservation nötig gewesen sind.
Reorganisationen betrafen hingegen überall die Reinigungskonzepte, die Arbeitsplatzanordnung, Abstandsignalisierungen, Informationsplakate und so weiter. Zudem seien teils Arbeitsplätzen gesperrt worden, um die korrekte Distanz einhalten zu können. Auch seien Büroeinsätze aufeinander abgestimmt worden. Und alle Unternehmen gaben an, ihre Hygiene- und Desinfektionsvorgaben angepasst zu haben. Doch jetzt zur Frage nach der Rückkehr der IT-Mitarbeitenden in die Büros.

Wann und wie holen Sie alle Ihre IT-Angestellte zurück ins Büro?

Bei der Luzerner Kantonalbank LUKB nennt Pressesprecherin Ursi Ineichen keinen konkreten Termin, lässt uns aber wissen, dass für die IT keine vom LUKB-Standard abweichende "Corona-Vorgaben" bestehen. "Damit die LUKB die vom Bund vorgegebenen Abstandsregeln einhalten kann, müssen wir eine unverändert hohe Homeoffice-Quote einhalten. Deshalb arbeitet ein Grossteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LUKB im Homeoffice. Das gilt auch für die IT." Das gelte auch in Sachen Rückkehr in die Büros "solange die BAG-Vorschriften (Bundesamtes für Gesundheit) nicht ändern".
Anders sieht es bei Dormakaba aus. Dort erklärt der für die internationale Kommunikation zuständige Alexander Wood: "Für unsere IT-Mitarbeitenden in der Schweiz und Deutschland ist es momentan unser Plan, sie nach Ablauf der Sommerferien wieder stärker ins Büro zu bitten". Dabei sollen die IT-Mitarbeitenden "grundsätzlich auf einmal" zurückkehren. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, zwei Tage die Woche im Homeoffice zu arbeiten und zudem "haben die Teams die Freiheit, die Präsenztage selbst zu organisieren".
Für den CIO von Emmi, Ricardo Nebot, ist das Thema Heimarbeit offensichtlich ohnehin nicht von besonderer Bedeutung. So wenn er festhält, Home-Office sei bereits vor Corona für die Mitarbeitenden der Emmi-IT möglich gewesen und so seien auch früher nie alle aktiven Mitarbeitenden gleichzeitig im Büro gewesen. "Zukünftig rechnen wir damit, dass jeweils zwischen 60 % bis maximal 80 % der aktiven IT-Mitarbeitenden im Büro anwesend sein werden". Und, fügt er an, da währende des Corona-Lockdowns bis auf wenige Ausnahmen, alle IT-Mitarbeitenden im Home-Office waren, hätten sie bei Emmi inzwischen "etappenweise ihre Arbeit im Büro wieder aufgenommen".
Bei Fenaco hingegen steht im August der Entscheid über das weitere Vorgehen an, wie Séverine Leutwiler erklärt, die das Ressort Back Office im IT-Departement leitet: "Seit Ausbruch der Corona-Pandemie arbeitet die überwiegende Mehrheit unserer Informatik-Mitarbeitenden im Homeoffice. An dieser Praxis halten wir mindestens bis Ende August 2020 fest. Über das weitere Vorgehen wird im Verlaufe des Monats August entschieden." Wie schnell und auf welche Weise eine Rückkehr ins Büro erfolgt, hänge vom weiteren Verlauf der Pandemie ab, aber auch von den Präferenzen der Mitarbeitenden. Denn sie hatten bereits vor der Corona-Krise die Möglichkeit, regelmässig im Homeoffice tätig zu sein, sagt auch Leutwiler.
Joël Grandchamp, Mediensprecher bei Raiffeisen Schweiz, teilt mit: "Die Rückkehr der Mitarbeitenden von Raiffeisen Schweiz an den Arbeitsplatz erfolgt derzeit schrittweise. Ab August werden bei Raiffeisen Schweiz die Homeoffice-Bestimmungen zusätzlich gelockert." Die Gesundheit der Mitarbeitenden habe höchste Priorität und man folge grundsätzlich den Empfehlungen des BAG, schiebt er nach. Die gelten auch für die Reorganisation der Büroarbeitsplätze, die in der Regel "mit leichten Anpassungen rasch eingehalten werden" konnten: "Wo dies nicht möglich ist, arbeiten Mitarbeitende punktuell im Homeoffice", so Grandchamp.
Bei der Basler Versicherung läuft die Rückkehr in die Büros bereits. Laut Mediensprecherin Fiona Egli, ist zwar der "Zeitpunkt einer vollständigen Rückführung der Arbeitnehmenden in die Büroräumlichkeiten aufgrund der nach wie vor anhaltenden Corona-Situation nicht definiert" und die Baloise behalte sich vor, situativ auf die Pandemie zu reagieren. Aber eine schrittweise Rückführung der Mitarbeitenden aus dem "maximalen" Homeoffice sei "in ein Split-Office-Modell, mit maximal 50% der Belegschaft in den Büroräumlichkeiten" schon im Juni 2020 lanciert worden. Man halte sich bei der etappenweisen Rückführung strikt an die Empfehlungen des BAG. Es sei aufgrund des Pandemie-Verlaufs zu erwarten, dass auch in Zukunft eine Rückkehr etappiert erfolgen würde, schiebt Egli nach. Sie weist weiter darauf hin, dass als Reaktion auf die Pandemie "aktuell ein nachhaltiges Home-Office-Konzept für den Standort Schweiz geprüft und diskutiert" werde.

Gibt es in absehbarer Zeit IT-Rollen, die mehrheitlich im Homeoffice arbeiten werden?

Während man sich bei der LUKB nicht zu einer Prognose hinreissen lassen will, wird bei Raiffeisen Schweiz festgehalten, man fördere "bereits seit einigen Jahren eine Homeoffice-Kultur". Eine spezielle IT-Rolle nennt der Bankensprecher zwar nicht. Aber Grandchamp teilt mit, ab August werde es neu möglich sein, dass "Mitarbeitende von Raiffeisen Schweiz auf eigenen Wunsch und in Absprache mit ihrer vorgesetzten Person grundsätzlich bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit von einem anderen Ort aus arbeiten, sofern ihre Tätigkeit dies zulässt".
Emmi-CIO Nebot nennt als für das Homeoffice prädestinierte Mitarbeitende diejenigen vom Service-Desk (Helpline) sowie Datenanalysten und Applikationsentwickler. Doch auch wenn "diese vergleichsweise wenig auf den persönlichen, physischen Austausch mit Arbeitskollegen angewiesen sind, um den Kern ihrer Aufgaben zu erledigen", so gelte auch für sie, "dass der persönliche Kontakt wichtig ist", so Nebot.
Bei Dormakaba hält man zunächst einmal fest, dass schon vor der Corona-Krise ein Trend zum Homeoffice festgestellt worden sei. Der habe sich durch die Krise "nochmals beschleunigt beziehungsweise die Akzeptanz dafür" unternehmensweit ansteigen lassen. Dementsprechend gehe man davon aus, dass in Zukunft die Möglichkeit des Homeoffice stärker genutzt werde, wenn Job und örtliche Gegebenheiten es zulassen. Aber "manche Anlässe oder Situationen erfordern dennoch Präsenz, wie beispielsweise Roll-outs, Tests oder Konzeptworkshops". Zudem gelte es, "eine gute Balance zwischen 'Social Distancing' und 'Social Interaction' zu finden, denn der persönliche, soziale Kontakt von Mitarbeitenden untereinander spielt aus unserer Sicht für die Unternehmenskultur nach wie vor eine wichtige Rolle", so Dormakaba-Sprecher Wood.
Kaum anders wird die Situation bei der Baloise eingeschätzt. Dort geht man davon aus, dass es IT-Rollen wie Administratoren mit ausgeprägten Möglichkeiten für die Fernwartung geben wird, die ihre Arbeiten grösstenteils im Homeoffice erledigen können. Allerdings sei bei Baloise "der teaminterne Austausch wichtig und die soziale, persönliche Interaktion untereinander kulturell gesehen unabdingbar", weshalb "definitiv ein gewisser Teil der Arbeitszeit vor Ort in den Büroräumlichkeiten erfolgen" werde, betont Sprecherin Egli.
Auch für Fenaco ist klar, dass die Arbeit im Homeoffice wird für IT-Mitarbeitende in Zukunft noch selbstverständlicher sein wird als vor der Corona-Pandemie – und zwar über alle Funktionen hinweg, wie Leutwiler unterstreicht: "Die Corona-Krise hat gezeigt, dass es nur sehr wenige Arbeitssituationen gibt, in denen eine physische Präsenz vor Ort zwingend ist (zum Beispiel Wartungsarbeiten im Serverraum)". Man gehe davon aus, "dass die Arbeit im Büro in Zukunft noch bewusster für den persönlichen Austausch genutzt wird (zum Beispiel in Workshops)", schiebt sie nach. Reine Denkarbeiten hingegen werden viele Mitarbeitende vorzugsweise im Homeoffice erledigen. Und laut Leutwiler werde Fenaco "dieser Entwicklung bei der zukünftigen Arbeitsplatz- und Raumgestaltung Rechnung tragen".

Fazit

Auf den Punkt gebracht, lässt sich eigentlich ein ziemlich einheitliches Bild malen: Prädestinierte Homeoffice-Funktionen wird es weiterhin und verstärkt geben, aber auf den direkten Kontakt unter den Mitarbeitenden will kein Unternehmen verzichten.

Loading

Mehr zum Thema

image

UBS will 2 Milliarden Dollar bei der CS-IT sparen

Die neue Schweizer Mega-Bank will die Kosten bei der über­nommenen Credit Suisse senken. Dran glauben müssen das Personal und die IT.

publiziert am 27.3.2023
image

Neue Strategie: "Konsequent durchgängige digitale Behördenleistungen"

Bund, Kantone, Städte und Gemeinden halten in einer neuen Strategie fest, wie sie die digitale Transformation vorantreiben wollen. Ein Entwurf des ambitionierten Papiers liegt inside-it.ch vor.

publiziert am 27.3.2023
image

Tiktok-Chef im Spiessrutenlauf durch den US-Kongress

Shou Zi Chew stiess in der Befragung in den USA auf Misstrauen und Vorwürfe. Wichtigen Fragen wich er aus.

publiziert am 24.3.2023
image

Software-Beschaffung in Uri wird knappe halbe Million teurer

Der Kanton Uri will das Schätzungswesen vereinfachen und braucht dazu eine neue Software. Deren Beschaffung verzögert sich allerdings und wird teurer als geplant.

publiziert am 24.3.2023