Die Mobile-Payment-Lösung von PostFinance lässt die Konkurrenz hinter sich.
Nach einem
Mini-Launch im Sommer mit einer Handvoll Bezahlmöglichkeiten gibt die Mobile-Payment-Lösung Twint von PostFinance nun offiziell Vollgas.
Zurzeit kann die App an fast 2000 Verkaufsorten verwendet werden, die Hälfte davon sind Coop-Kassen. Die andere Hälfte sind verschiedene Geschäfte, Bars, Online-Shops, Restaurants, Kantinen der SV Group und das Stade de Suisse. Dazu kommen SBB-Automaten und Postschalter.
Prominenteste Vertreter unter den Online-Shops sind Import Parfumerie und Christ. In einigen Tagen sollen unter anderem Coop@home, Coop Bau+Hobby und Mondovino folgen.
Der Vorteil gegenüber einer Kreditkarte sind aus Händlersicht deutlich tiefere Gebühren: Zweigen Kartenanbieter ein, zwei Prozent des Betrags ab, begnügt sich Twint mit Beträgen zwischen zwei und maximal 20 Rappen, die erst bei einem Betrag über hundert Franken fällig werden.
Dafür beschränken die Regulatoren den Umsatz eines Twint-Clients auf maximal 10'000 Franken im Monat, wobei nur 5000 Franken für das Bezahlen von Einkäufen verwendet werden können. Die andere Hälfte ist für P2P-Bezahlungen unter Privatpersonen vorgesehen.
Keine Bindung an Partnerbanken
Aktuell machen bei Twint sieben Banken mit: PostFinance, Valiant und die Kantonalbanken von Bern, Genf, Graubünden, Thurgau und Schaffhausen. Zusammen erreichen sie gemäss eigenen Angaben 4,5 Millionen Kunden, wobei für
zwei Drittel PostFinance verantwortlich zeichnet. Die Genfer Kantonalbank ist neu an Bord und wird erst in den nächsten Wochen in die Systeme eingebunden.
Speziell an Twint ist der offene Ansatz: Auch wer sein Konto nicht bei einer Partnerbank hat, kann per Lastschriftverfahren sein eigenes Konto anbinden oder bei Coop Prepaid-Guthaben beziehen. Nicht möglich ist dafür das Hinterlegen von Kreditkarten: "Wieso sollten wir das tun? Das würde ja die Marge wieder drücken", begründet Twint-CEO Thierry Kneissler. Ein wichtiger Punkt für Detailhändler, die mit Margen von drei Prozent und weniger arbeiten.
Die Anschaffung eines Beacons für die Verwendung an der Ladenkasse schlägt mit 95 Franken zu Buche. Er ist nicht an Twint gebunden, sondern kann auch für andere Mobile-Payment-Lösungen eingesetzt werden. Pläne diesbezüglich habe Coop zurzeit aber keine, betont CIO August Harder. Oder mit anderen Worten: Paymit muss draussen bleiben.
Twint geht in Führung
Mit Coop als Partner und der grossen Vielfalt an Bezahlmöglichkeiten kann Twint im Rennen um den Schweizer Mobile-Payment-Markt die Führung übernehmen. Allerdings leidet die App noch unter Kinderkrankheiten. Das wohl grösste Handicap ist die nötige Internetverbindung: Ist sie zu schlecht, dauert eine Transaktion auch mal eine Minute oder länger. Ein simples 10-Sekunden-Timeout wäre hier wohl besser gewesen - wer in der Warteschlange stehend länger als ein paar Sekunden lang zuguckt, dürfte das Handy schleunigst wieder in die Tasche zurückstecken und zum Portemonnaie greifen. Coop möchte dem mit eigenen Wlan-Hotspots entgegenwirken.
Da warens nur noch zwei
Aus dem Rennen um die Poleposition heraushalten tut sich Migros, die eine auf ihre Angebote
beschränkte Lösung einen weiteren bedeutenden Schritt machen.
Zurück bleibt Paymit von UBS, SIX, Swisscom und Co. Die App erlaubt P2P-Zahlungen von Handy zu Handy, das Bezahlen im Laden soll erst 2016 dazukommen. Mit einem ausgereifteren Start als bei der Konkurrenz könnte Paymit dieser im Nu Kunden abjagen - könnten diese denn irgendwo mit Paymit bezahlen. Denn die wichtigsten Player im Mobile-Payment-Geschäft sind die beiden Detailhandelsriesen -
Coop konzentriert sich bereits auf Twint und Migros will es dem engsten Konkurrenten nun offenbar gleichtun. (mik)