Die Temenos-Aktie ist nach schweren Vorwürfen des US-Shortsellers Hindenburg stark abgesackt.
Die Aktien des Genfer Bankensoftware-Herstellers Temenos sind am gestrigen 15. Februar massiv abgesackt. Hintergrund ist ein Bericht des auf Shortselling spezialisierten US-Investmentunternehmens Hindenburg Research. Im Bericht ist von schwerwiegenden Unregelmässigkeiten in der Rechnungslegung von Temenos die Rede. Der Verwaltungsrat hat die Vorwürfe derweil scharf zurückgewiesen.
Die Entwicklung des Aktienkurses von Temenos seit Anfang Jahr.
Hindenburg Research sprach in dem Bericht unter anderem von manipulierten Gewinnen. Man habe "Beweise für Roundtrip-Einnahmen, Scheinpartnerschaften, übermässige Vorverlegungen von Vertragserneuerungen, rückdatierte Verträge, übermässige Kapitalisierung von scheinbar nicht existierenden F&E-Investitionen und sehe auch andere klassische buchhalterische Warnsignale."
Hindenburg stützte sich dabei nach eigenen Angaben auf Gespräche mit 25 ehemaligen Mitarbeitenden von Temenos. Diese Buchhaltungspraktiken seien bei vielen ehemaligen Mitarbeitern wohl ein offenes Geheimnis gewesen, schrieb der Shortseller weiter. Verschiedene der Gesprächspartner hätten angegeben, dass Interims-CEO Andreas Andreades diese Praktiken gefördert und dazu beitragen habe, die Unzufriedenheit der Kunden mit den Produkten und die Fluktuation zu verschleiern.
Am Ende des Berichts verwies Hindenburg Research allerdings auch auf die Tatsache, dass man in den Aktien von Temenos "short" sei, also auf fallende Kurse setze.
Was ist ein Shortseller?
Das ist entscheidend: Shortseller spekulieren darauf, dass die Aktien eines Unternehmens fallen. Sie schliessen Verträge ab, die vorsehen, dass sie einem Käufer zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft ein Aktienpaket verkaufen. Der Preis basiert dabei auf dem aktuellen Aktienkurs. Der Shortseller kauft diese Aktien erst kurz bevor er sie dem Käufer liefern muss. Ist der Aktienkurs bis dann gefallen, macht er Profit. Ist der Aktienkurs aber gestiegen, macht der Käufer Profit.
Der Name "Hindenburg Research" ist eine Anspielung auf diese Geschäftspraxis.
Seröse Shortseller versuchen, durch ihre eigenen Recherchen harte Fakten zu finden, die es wahrscheinlich machen, dass die Aktien eines bestimmten Unternehmens an Wert verlieren werden. Unseriöse Shortseller helfen gerne mal nach, indem sie unbewiesene Gerüchte streuen.
Vorwürfe scharf zurückgewiesen
Temenos hat die Vorwürfe mit Nachdruck zurückgewiesen. Der Bericht von Hindenburg enthalte sachliche Ungenauigkeiten und analytische Fehler sowie falsche und irreführende Behauptungen, erklärte der Verwaltungsrat des Genfer Unternehmens in einer Stellungnahme. Die Aktie war kurz zuvor vom Handel ausgesetzt worden.
Der Verwaltungsrat gab sich in der Stellungnahme zuversichtlich in Bezug auf die Stärke des Geschäfts, die finanzielle Leistung und die Liquiditätslage von Temenos. Am kommenden Montag werde Temenos nach Börsenschluss wie geplant die Geschäftszahlen für 2023 vorlegen. Die geprüften Ergebnisse würden mit den bereits am 19. Januar 2024 angekündigten Vorab-Zahlen übereinstimmen, hiess es.
So würden die jährlich wiederkehrenden Umsätze die Prognosen übertreffen. Auch die gesamten Softwarelizenzen und der Betriebsgewinn EBIT würden deutlich über den Mindestprognosen liegen. Der freie Cashflow sei um 26% auf 242,6 Millionen Dollar gestiegen. Zudem erwarte die Konzernleitung, dass der freie Cashflow in den kommenden Jahren weiterhin stark wachsen werde.
Später wurde der Handel mit Temenos-Aktien wieder aufgenommen. Die Aktie blieb aber im Loch und beendete den Börsentag mit einem Minus von 28,2% auf 63,54 Franken. Im Tagestief war der Kurs mit 58,50 Franken gar auf den tiefsten Stand seit März 2023 abgestürzt.