Der Kanton Thurgau will 1650 Desktops, 3020 Notebooks und über 3000 Monitore für die kantonale Verwaltung beschaffen. Auf den ersten Blick ist diese Ausschreibung nicht besonders spektakulär. Erst beim genauen Hinsehen zeigt sich, dass der Kanton nur Geräte von HP berücksichtigt.
Auf der Auschreibungsplattform Simap hat mutmasslich ein anderer Hersteller gefragt, ob auch andere Vendors berücksichtigt würden, welche die Minimalanwendungen erfüllen. Die Antwort des Kantons: "Nein, wir können leider keine anderen Hersteller berücksichtigen, weil ein Wechsel des Herstellers aufgrund des Mehraufwandes substanzielle Mehrkosten mit sich bringen würde."
Die Hardware-Lock-ins kommen
Argumente, welche bislang vor allem im SaaS-Bereich üblich waren, werden nun augenscheinlich auch immer öfter bei Hardware-Ausschreibungen vorgebracht, wenn eine Behörde dem präferierten Anbieter die Treue halten möchte. So fordert auch der Kanton Glarus in einer vergleichbaren Ausschreibung ausschliesslich Geräte von HP. Die Nennung des Herstellers sei "als Referenz zu verstehen", antwortet der Kanton auf eine entsprechende Frage auf Simap.
Dennoch sehen beide Kantone keinen Vendor Lock-in und damit die Gefahr, den Preisen eines Herstellers ausgeliefert zu sein. "Diese Gefahr wird als sehr gering eingestuft", schreibt uns Roland Wermelinger, Sprecher beim Kanton Glarus, auf unsere Anfrage. Auch Christoph Maier, Leiter des Amtes für Informatik beim Kanton Thurgau, verneint: "Bei HP handelt es sich um einen grossen Anbieter, bei welchem die Preisstabilität bis zu einem gewissen Grad gegeben ist."
Thurgau erwartet "unzumutbare" Mehrkosten bei Herstellerwechsel
Obwohl Maier schreibt, dass "mit entsprechendem Initialaufwand an finanziellen Mitteln und Zeit ein Wechsel auf ein alternatives Produkt eines anderen Herstellers machbar" wäre, will man das aktuell offensichtlich vermeiden. "Aus Kosten- und Effizienzgründen fährt der Kanton Thurgau eine Ein-Produkt-Strategie", erklärt er. Dadurch sei der Software- und Patch-Rollout standardisiert und darüber hinaus "sind Peripherie-Geräte wie zum Beispiel Docking-Stations für Laptops wiederverwendbar".
Eine Diskriminierung anderer Hersteller sieht man im Thurgau durch die HP-Vorgabe nicht. "Beschaffungsrechtlich ist es legitim, dass bei unzumutbaren Zusatzkosten bei einem Lieferantenwechsel solche Einschränkungen gemacht werden." Die Mehrkosten ohne wirklichen Mehrwert seien für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht zumutbar.
Glarus akzeptiert andere Hersteller, Thurgau nicht
Bei einem Herstellerwechsel würde eine tiefe sechsstellige Summe auf den Kanton Thurgau zukommen, rechnet Maier vor. Das Aufsetzen von Neugeräten wäre nicht mehr einheitlich. Ausserdem seien Logistikkosten betroffen, weil mehr Geräte an Lager gehalten werden müssten. Zudem steige der Aufwand, weil zusätzliche Gerätekonfigurationen und Treibersoftware administriert werden müssten.
Auch im Kanton Glarus werden HP-Geräte bevorzugt, weil "die gewachsene Systemumgebung in der Kantonsverwaltung auf Geräten dieses Herstellers basiert", weshalb eine bestmögliche Integration angestrebt werde, so Roland Wermelinger. Dennoch könne jeder Anbieter ein Angebot abgeben. "Sofern die technischen Bedingungen erfüllt sind, werden die Angebote im weiteren Prozess berücksichtigt." Zu allfälligen Mehrkosten, die bei einem Wechsel auf den Kanton zukommen, will sich Wermelinger indes noch nicht äussern. Es "fehlt die Datengrundlage", weil die Offerteneröffnung noch gar nicht stattgefunden habe.