Die Vereinten Nationen haben einstimmig ihren ersten Vertrag zur Bekämpfung von Cybercrime verabschiedet. Nach drei Jahren an Verhandlungen über die "Cybercrime Convention" sagte die Vorsitzende des Ausschusses zur Ausarbeitung des Abkommens, die algerische Diplomatin Faouzia Boumaiza Mebarki: "Ich betrachte die Dokumente (...) als angenommen."
Das Abkommen wird nun der Generalversammlung zur formellen Annahme vorgelegt. Es soll in Kraft treten, wenn es von 40 Staaten ratifiziert wurde. Der Ausschuss zur Ausarbeitung des Abkommens war trotz Widerstands aus den USA und aus Europa eingesetzt worden, nachdem Russland im Jahr 2017 einen ersten Vorstoss unternommen hatte.
Das
Abkommen zielt darauf ab, Cyberkriminalität "effizienter und effektiver zu verhindern und zu bekämpfen", insbesondere mit Blick auf Darstellungen von sexuellem Kindesmissbrauch und Geldwäscherei. Die Gegner des Abkommens – Menschenrechtsaktivisten und grosse Tech-Unternehmen – kritisieren, dass der Geltungsbereich zu weit gefasst sei. Sie fürchten, dass es auf ein globales Überwachungsabkommen hinauslaufe und zur Unterdrückung eingesetzt werden könnte.
Kritik in offenem Brief
Im Februar hatten 124 bekannte IT-Sicherheitsforschende und zivilgesellschaftliche Organisationen aus der ganzen Welt einen
offenen Brief publiziert. "Zu unserer Arbeit gehört es, Schwachstellen in Netzwerken, Betriebssystemen, Geräten, Firm- und Software zu erforschen, zu entdecken und zu melden", hiess es im Brief. "Es besteht aber die Gefahr, dass mehrere Bestimmungen des Vertragsentwurfs unsere Arbeit behindern, indem sie viele davon als kriminelle Aktivitäten einstufen."
Als einzige Partei in der Schweiz äusserten sich die Piraten in einer Mitteilung vor der Abstimmung zum Vorhaben. Sie lehnen dieses ab und sagen: "Wenn die Schweiz diesem zustimmt, dann befinden wir uns auf einem Niveau mit den übelsten autoritären Staaten und Diktaturen auf unserem Planeten."
Der nun angenommene Text sieht vor, dass ein Mitgliedstaat bei der Untersuchung von Straftaten, die nach nationalem Recht mit mindestens vier Jahren Gefängnis geahndet werden, die Behörden eines anderen Landes um elektronische Beweise bitten kann, die in Verbindung zu dem Verbrechen stehen. Zudem sollen auch Daten bei Internetprovidern angefordert werden können.
"Zu ungesetzwidrig, um angenommen zu werden"
Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten befürchten, dass Staaten, die Homosexualität kriminalisieren, oder Regierungen, die gegen Dissidenten oder Journalistinnen vorgehen, dies ausnutzen könnten. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hatte im Juni in
einer Stellungnahme erneut betont, der Entwurf des Abkommens bleibe "zu ungesetzwidrig, um angenommen zu werden".
Bis zuletzt gab es Unstimmigkeiten über einige Teile des Abkommens. Gegenüber
'The Record' sagte Raman Jit Singh Chima, Direktor für Politik im asiatisch-pazifischen Raum bei der Organisation für digitale Freiheiten Access Now, das Endergebnis sei ein Vertrag, der frühere, umstrittene Versionen des Entwurfs nicht wesentlich verändere.
(Mit Material von Keystone-sda)