Vogt am Freitag: Passierschein A38

17. Mai 2024 um 14:11
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Anstatt eine Medienanfrage zu beantworten, verweist eine Behörde auf das Simap-Frageforum. Die Geschichte erinnert mich an einen Asterix-Film.

Diese Woche ist mir der Film "Asterix erobert Rom" in den Sinn gekommen.
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Screenshot: Ausschnitt aus dem Film "Asterix erobert Rom".
Darin muss der kleine Gallier zusammen mit seinem besten Freund Obelix zwölf Aufgaben lösen. Eine davon besteht darin, den Passierschein A38 zu besorgen. Die beiden werden kreuz und quer durch einen Gebäudekomplex gejagt – von einem Beamten zum nächsten. Aber keiner will zuständig sein.
Aber weshalb kam mir nun der Film in den Sinn? Deshalb:
Kurz vor Jahresende 2021 stoppte die Schweizer Exportrisikoversicherung (Serv) ein 9-Millionen-Projekt. Der Verwaltungsrat hatte entschieden, das laufende IT-Erneuerungs­projekt mit dem Anbieter Tinubu nicht weiterzuverfolgen. Zwar wurde das Budget nicht ausgeschöpft, und es mussten "nur" zwei statt die vollen neun Millionen Franken abgeschrieben werden. Nicht schön, aber kann passieren.
Tatsächlich passierte danach zweieinhalb Jahre nichts mehr, bis wir vor einer Woche auf Simap eine Ausschreibung mit dem Titel "Technologiepartner SERV 2024 - 2029" gesehen haben. Darin sucht die Behörde externe Partner aus den Bereichen Entwicklung (Los 1), Projektmanagement (Los 2), Agiles Coaching und Consulting (Los 3). Je Los können bis zu fünf Anbieter auf einen Zuschlag hoffen. Das Gesamtvolumen über alle Lose hinweg beträgt 17 Millionen Franken, wie aus dem Pflichtenheft hervorgeht. Aber eine Abnahmegarantie gibts keine. Abgeschlossen wird ein klassischer Rahmenvertrag.

Handelt es sich um ein Nachfolgeprojekt? Fragen Sie auf Simap!

Was aber aus den Dokumenten der Ausschreibung nicht hervorgeht, ist: Was hat diese Ausschreibung mit dem damals abgeblasenen Projekt zu tun? Gibts überhaupt einen Zusammenhang oder nicht? Und wie ist der aktuelle Stand?
Ich finde: Durchaus berechtigte und spannende Fragen. Also stellten wir diese der zuständigen Medienstelle, worauf wir eine sehr erstaunliche Antwort erhielten:
Man hätte "die Gleichbehandlung aller Anbieter zu bewahren". Fragen könnten nicht beantwortet werden, weil "Anbieter, welche inside-it.ch lesen, nicht dieselben Informationen zur Ausschreibung haben, wie jene, welche inside-it.ch nicht lesen". Wir sollen unsere Fragen doch bitte im Frageforum von Simap stellen.

Eine kafkaeske Situation

Die Bitte, dass Medien ihre Fragen auf Simap stellen sollen, ist für mich eine Premiere. Und ich halte sie sogar bis zu einem gewissen Grad für verständlich. Ich verstehe nämlich das Argument der Gleichbehandlung der Anbieter (obschon ich bezweifle, dass es relevante Anbieter gibt, die inside-it.ch nicht lesen :-)).
Zwar schreibt die Medienstelle, dass das empfohlene Vorgehen "nur während eines laufenden Vergabeverfahrens gilt". Nachher würde die Serv unsere Fragen per E-Mail beantworten. Dennoch ist es geradezu kafkaesk, dass Journalistinnen und Journalisten sich auf Simap registrieren sollen, um an gleicher Stelle wie IT-Dienstleister Fragen zu einem Projekt zu stellen. Denn genau dafür wurden doch Medienstellen erfunden, oder etwa nicht?
Auf unsere Nachfrage, ob Serv nicht – wie alle anderen Behörden auch – bitte per E-Mail antworten möge, blieb die Medienstelle bei ihrem Standpunkt: Simap, oder nichts.
Da hatte es Asterix mit seinem Passierschein A38 besser. Er hat ihn am Schluss erhalten, die Aufgabe gelöst – und Rom erobert.
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