Babs investiert 58 Millionen Franken in Cell Broadcast

11. Juli 2024 um 12:58
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Werden bei einem Brand giftige Gase ausgestossen, kann die umliegende Bevölkerung mit Cell Broadcast auf dem Mobiltelefon gewarnt werden. Foto: Unsplash+

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz will seine Informations­strategie für Katastrophen anpassen. Dazu soll bis 2035 ein Cell-Broadcast-System geschaffen werden.

Bei Ereignissen wie den kürzlichen Unwettern im Wallis oder im Tessin will das Bundesamt für Bevölke­rungs­schutz (Babs) künftig auf eine Multikanal-Strategie setzen. Damit soll die Alarmierung der Bevölkerung in Krisenfällen an die Digitalisierung und neue Medien­gewohnheiten angepasst werden. Das Bundesamt rechnet zwischen 2026 und 2035 voraussichtlich mit Gesamtkosten von rund 310 Millionen Franken
Die Information und die Alarmierung der Bevölkerung seien eine zentrale Aufgabe des Bevölkerungsschutzes. "Wir können die Bevölkerung nur schützen, wenn wir sie rechtzeitig warnen", sagte Babs-Direktorin Michaela Schärer bei einem Mediengespräch in Bern.
"Selbst die besten Systeme können Verletzte und Tote nicht immer verhindern", sagte Schärer mit Bezug auf die Unwetter im Wallis und im Tessin. Umso wichtiger sei es, dass die Systeme bekannt seien. So könnten Risiken für die Bevölkerung minimiert werden. Gegenwärtig sorgen 5000 stationäre und 2200 mobile Sirenen, das Radio und die Alarm-App Alertswiss für die Alarmierung.
Neue Technologien und ein sich veränderndes Medienverhalten stellten die Effektivität der bestehenden Instrumente aber teilweise in Frage, hiess es weiter. Praxisbeispiele aus dem Ausland, etwa das Hochwasser im Ahrtal in Deutschland oder der Krieg in der Ukraine, zeigten, dass einerseits die Informationsübermittlung via Smartphone essentiell sei. Andererseits erfüllten auch Sirenen mit ihrer hohen Ausfallsicherheit eine wichtige Funktion.

Cell Broadcast für alle

Das Babs will daher ein weiterentwickeltes Kernsystem zur Erfassung von Meldungen mit den bewährten Ausgabekanälen kombinieren. Das flächen­deckende, hoch verfügbare Sirenennetz soll dabei beibehalten werden. Die Alertswiss-Website und die dazugehörige App sollen weiterentwickelt werden, etwa um künftig auch verbesserte barrierefreie Inhalte zur Verfügung zu stellen, so das Bundesamt.
Das Alarmierungssystem soll zudem um Cell Broadcast erweitert werden. Mit der Technologie lassen sich kurze Mitteilungen von etwa 500 Zeichen auf alle Mobiltelefone im Empfangsbereich einer Antenne schicken. Cell Broadcast soll so die Reichweite von Warnungen und Alarmierungen stark erhöhen, da innerhalb von Sekunden alle Mobiltelefone im betroffenen Gebiet mit kurzen Instruktionen erreicht werden können.
Der Fokus auf web- und mobilfunkbasierte Kanäle sei vor allem wegen derer überlegenen Fähigkeit, eine hohe Anzahl Menschen mit komplexen Informationen zu erreichen, angezeigt, hiess es vom Babs. So oder so sollten alle verfügbaren Kanäle "situativ passend genutzt werden", sagte Christian Fuchs, Co-Leiter Ereigniskommunikation beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom).
Für die Erweiterung des Alarmierungssystems mit Cell Broadcast rechnet der Bund mit Kosten von 58 Millionen Franken zwischen 2026 und 2035. Die Betriebskosten pro Jahr werden vom Babs mit 5,2 Millionen Franken beziffert.

Notfalltreffpunkte mit Wlan

Zugleich will das Bundesamt das Ultrakurzwellen-Notfallradio (UKW) in Schutzräumen ab 2027 abschaffen. Das aufgrund der hohen Betriebskosten des gegenwärtigen, UKW-gestützten Notfallradios sowie der laut dem Babs "sehr hohen" Investitionskosten bei einer Umrüstung auf DAB+. Letztere würde nur einen geringen Zusatznutzen einbringen.
"Wenn die ganze Bevölkerung nicht mehr UKW hört, bringt es nichts mehr, UKW aufrecht zu erhalten", sagte Babs-Direktorin Schärer auf Nachfrage von 'Keystone-SDA'. Dabei handle es sich aber nur um die Sender, die in den Schutzräumen betrieben werden. Verbreitungspflichtige Radiomeldungen blieben weiterhin ein wichtiger Zusatzkanal.
Das Notfallradio sei zwar für den Fall eines Angriffs mit Massen­ver­nich­tungs­waffen in seiner heutigen Ausprägung unverzichtbar. Es sei aber fraglich, ob die Sender in einer solchen Situation nicht selber zum Ziel von Angriffen mit Präzisionswaffen würden, hiess es weiter.
Demgegenüber plant das Babs eine Weiterentwicklung der Notfall­treff­punkte: Die Erfahrungen aus der Ukraine hätten auch hier gezeigt, wie wichtig es für die Bevölkerung sei, auch bei Kommunikationsausfällen eine Möglichkeit zu haben, via Mobiltelefone mit dem eigenen Umfeld zu kommunizieren und Informationen zu beziehen.
Das Bundesamt will daher mit den Kantonen Möglichkeiten prüfen, an den Notfall­treff­punkten Wlan und Lademöglichkeiten für Mobiltelefone zur Verfügung zu stellen. Notfalltreffpunkte seien ein in den meisten Kantonen realisiertes Konzept, um im Krisenfall eine Anlaufstelle an einem vor­de­fi­nier­ten Ort zu schaffen.

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