"Der Bundesrat will das elektronische Patientendossier (EPD) mit gezielten Massnahmen weiterentwickeln", schreibt die Regierung in einer aktuellen Mitteilung schönfärberisch. Sie hätte auch schreiben könnten, dem sterbenskranken Patienten neues Leben einhauchen oder das palliativ liegende EPD wieder gesundpflegen. Fakt ist: Bisher ist das elektronische Patientendossier ein desaströses Millionengrab.
Das soll sich nun ändern. Für alle krankenversicherten Menschen in der Schweiz soll, wenn es nach dem Bundesrat geht, kostenlos ein EPD eröffnet werden. Jede und jeder entscheidet anschliessend selber, welche Gesundheitsfachpersonen auf das Dossier zugreifen dürfen. Wer kein E-Dossier will, kann bei seinem Kanton Widerspruch gegen die Eröffnung einlegen. Dieses Opt-out-Modell kennt das Gesundheitswesen schon von der Organspende.
Auch Ärztinnen und Apotheker müssen sich anschliessen
Eine Pflicht will der Bundesrat des Weiteren für ambulante Leistungserbringer wie Ärztinnen, Apotheker, Physiotherapeutinnen oder Chiropraktoren, heisst es in der Mitteilung. Diese müssten sich einem EPD-Anbieter – derzeit gibt es 8 Stammgemeinschaften – "anschliessen und Informationen zu Behandlungen mit den dafür relevanten Daten und Resultaten im EPD ablegen".
Für beides zuständig sind die Kantone. Sie müssen einerseits überprüfen, ob alle Arztpraxen und weitere Leistungserbringer angeschlossen sind. Andererseits sind sie zuständig dafür, dass die Bevölkerung ein EPD erhält, so der Bundesrat. Auch für die Finanzierung der 8 Stammgemeinschaften sind die Kantone verantwortlich.
Datenspende für Forschungszwecke möglich
Der Bundesrat betont, dass "Sicherheit oberste Priorität" habe. Datenschutz und Datensicherheit müssten gewährleistet sein. Patientinnen und Patienten sollen jedoch die Möglichkeit haben, mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung anonymisierte medizinische Daten aus ihrem EPD für Forschungszwecke freizugeben.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung eine entsprechende Revision des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier in die Vernehmlassung geschickt. Die Frist läuft bis Mitte Oktober. In der
Vernehmlassung zur Übergangslösung hatten sich Ärztinnen und Ärzte gegen die nun geplante Opt-out-Lösung ausgesprochen. Die Pharmaindustrie war hingegen dafür. Sie forderte sogar für die Forschungsdaten ein Opt-out-Prinzip.