Das Herzstück der Messe am Kölner Media Park. Foto: Christian Wingeier
An der Kölner Messe sollen IT-Trends und Innovationen greifbar werden. Inside-it.ch hat sich unters Publikum der Digital X gemischt.
Nach dem Niedergang der Cebit in Hannover wollte die Deutsche Telekom ein Nachfolgekonzept für die damals weltweit grösste Computermesse schaffen. Entstanden ist dabei die Veranstaltung Digital X in Köln, eine Mischung aus Messe, Kongress und Event. Teile der Kölner Altstadt wurden dafür in verschiedene Quartiere unterteilt, in denen auf unterschiedliche Themen rund um die Digitalisierung aufmerksam gemacht wurde.
Zusammen mit über 300 Partnern wurden auf 2 Millionen Quadratmetern Ausstellungsfläche digitale Innovationen präsentiert. Erwartet wurden rund 50'000 Besuchende, viele davon aus dem B2B-Bereich. Die Anmeldungen für den Event mussten allerdings noch vor Messebeginn gestoppt werden, weil über 70'000 Registrierungen eingegangen waren. Im Rahmen einer Pressereise hat sich inside-it.ch ins Getümmel gewagt:
"Made in Germany" ist ramponiert
Das Programm wurde von Telekom-CEO Timotheus Höttges eröffnet. In seiner Rede auf der Hauptbühne sagte der Manager, dass das Qualitätslabel "Made in Germany" in den letzten Jahrzehnten stark gelitten habe. Er sprach gar davon, dass das Image "ramponiert" sei und zeigte auf, dass andere Länder heute deutlich mehr Geld in Innovationen investieren als Deutschland.
Als Analogie verwendete er die wirtschaftliche Geschichte der Stadt Solingen, wo er aufgewachsen ist. Die Ortschaft 35 Kilometer nördlich von Köln machte sich einen Namen mit der Produktion von Klingen für Scheren, Messern und andere Besteck- und Schneidwaren. Im Zuge der Globalisierung wurden allerdings viele Firmen geschlossen und es gingen Jobs verloren – auch weil Innovationen fehlten. Dies dürfe bei der Digitalisierung nicht passieren, mahnte der CEO:
"Die Kurzlebigkeit in der heutigen Welt hat extrem zugenommen." Es sei deshalb zwingend notwendig, dass wieder vermehrt langfristig gedacht werde und entsprechend mutig investiert werde, so Höttges. Unter anderen forderte er mehr Forschungs- und Entwicklungsgelder für die Digitalisierung sowie einen höheren Anteil des Bruttoinlandprodukts der in Innovationen investiert wird.
Mit seiner Rede begründete der CEO abschliessend die riesigen Investitionen, die der Telco in den letzten Jahren über Schulden finanziert hat. Über 100 Milliarden sollen insgesamt in den Ausbau von Technologien wie Glasfaser- und der 5G-Netze geflossen sein. Damit wolle das Unternehmen seinen Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum von Deutschland leisten, sagte Höttges.
Robodogs und Bienen-KI
Im Zuge einer geführten Pressetour wurden dann zu Fuss einzelne Messestandorte in Köln besucht, an denen verschiedene Use Cases gezeigt wurden. In einer Shisha-Bar, die zu einem Verkaufsladen umfunktioniert wurde, zeigte das Unternehmen verschiedene Mixed-Reality-Anwendungen, die das Einkaufserlebnis in Zukunft sowohl online als auch vor Ort verbessern sollen.
Der Roboter-Hund kann den Knochen aufheben. Foto: Christian Wingeier
Vor dem Brandhouse von T-Systems machte ein Roboter-Hund von Boston Dynamics Kunststücke und drinnen wurde ein digitaler Bienenstock gezeigt, der mit Hilfe einer KI den Gesundheitszustand von Bienen aufgrund des Flugverhaltens erkennen kann. Dazu gab es Livebilder von den Ein- und Ausgängen sowie Messungen von Umweltgiften, die der Behausung entnommen wurden. Damit wolle man einerseits mögliche Korrelationen zum Bienensterben finden, aber andererseits auch das Leben der Insekten besser verstehen, sagte der zuständige Entwickler.
Für die Industrie dürfte insbesondere das Thema IoT interessant gewesen sein. Im Rahmen der Messe wurden verschiedene Usecases für die Vernetzung von Geräten und Maschinen gezeigt. Darunter ein Altglas-Container, der eigenständig angibt, wann er geleert werden muss oder eine Bohrmaschine, die melden kann, wo sie sich im Einsatz befindet und wann welcher Service durchgeführt werden muss. Dazu wurden auch eine grössere Anwendungen für Building Management präsentiert, wo man auf einem Dashboard sämtliche Informationen über ein Gebäude abrufen konnte.
Tattoo dank 5G-Technologie
Neben dem Stadtpark in Köln befand sich der 5G-Square, wo Anwendungen demonstriert wurden, die nur dank der neusten Netzwerktechnologie funktionieren. Die verschiedenen Hersteller zeigten, wie Hologramme für Meetings eingesetzt werden können, wie komplizierte Industriemaschinen mit einer VR-Brille remote analysiert und repariert werden können oder wie ein selbstfahrendes Fahrzeug navigieren kann.
Weitaus greifbarer wurde es dann bei einem Tele-Roboter, der dank der Technologie dauerhafte Tattoos stechen kann. Während sich die Tätowiererin dabei an irgendeinem Ort auf der Welt aufhalten kann, kann sich die Kundschaft von einem Roboter verzieren lassen, der exakt das Werk der Künstlerin abbildet. Besonders anspruchsvoll sei dabei das Feedback der Tätowiernadel, auf das sie angewiesen ist. Dank einer Reaktionszeit von einer Millisekunde sei dies aber problemlos möglich.
Ebenfalls aus der Ferne gesteuert wurde ein Auto, das auf den Kölner Strassen unterwegs war. Der Fahrer sass dabei im 5G-Square vor einem riesigen Bildschirm und steuerte das Auto aus seinem virtuellen Fahrersitz. Während dieses Mal zusätzlich noch ein Sicherheitsfahrer am Steuer sass, sollen die ferngesteuerten Autos in Zukunft dort eingesetzt werden, wo selbstfahrende Autos nicht mehr weiterkommen.
Zum Abschluss der Tour wurde dann noch ein veganes Steak aus dem 3D-Drucker angeboten. Das Interesse an der Speise war allerdings so gross, dass sich der Schreibende mit einer Currywurst verpflegt hat, bevor es mit dem Zug zurück in die Schweiz ging.
Interessenbindung: Die Pressereise erfolgte auf Einladung von T-Systems. Das Unternehmen kam für die Reise- und Übernachtungskosten des Autors auf.