Im Frühjahr 2024 nimmt der Schweizer
Hochleistungscomputer Alps von der ETH Zürich seinen Betrieb in Lugano auf. Der Rechner gehört mit seinen über 10'000 Grafikprozessoren der neuesten Generation zu den weltweit leistungsfähigsten Geräten für Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Dank des Zugangs zu diesem Supercomputer soll die Wissenschaft in der Schweiz in Sachen Rechenleistung mit den grössten Tech-Unternehmen der Welt mithalten können, teilt die ETH in einem Communiqué mit.
Die Schweiz verfüge mit Alps über einen grossen Wettbewerbsvorteil. Denn die Supercomputing-Infrastruktur sei aufgrund der rasanten Entwicklung im Bereich der Künstlichen Intelligenz weltweit Mangelware und – wenn verfügbar – meist im Besitz von wenigen grossen Unternehmen, heisst es von der Hochschule. "Diesen Standortvorteil wollen wir mit einer gemeinsamen Initiative nutzen und das in der Schweiz vorhandene Know-how im Bereich der Künstlichen Intelligenz der ganzen Gesellschaft zugänglich machen", erklärt Christian Wolfrum, Vizepräsident der ETH für Forschung.
Dabei stellt er auch klar: "Die Vorreiterrolle in einem so zukunftsweisenden Feld muss die Wissenschaft übernehmen und darf nicht wenigen multinationalen Technologiekonzernen überlassen werden. Nur so können wir die Forschungsfreiheit und die digitale Souveränität der Schweiz sicherstellen."
Transparenz und Open Source
Ziel der Initiative ist es, neue Large Language Models (LLM) zu entwickeln und zu trainieren. Diese sollen transparent sein, nachvollziehbare Ergebnisse liefern und die Einhaltung von rechtlichen, ethischen und wissenschaftlichen Vorgaben sicherstellen. "Anders als die heute öffentlich zugänglichen LLM setzt die Initiative auf Transparenz und Open Source. Es muss für alle nachvollziehbar sein, wie und auf welchen Daten die Modelle trainiert wurden und wie sie zu ihren Ergebnissen kommen", betont Jan Hesthaven, Provost und Akademischer Vizepräsident der EPFL.
Für die Entwicklung solcher Modelle nutzt die neu geschaffene "Swiss AI"-Initiative im nächsten Jahr 10 Millionen sogenannter GPU-Hours auf dem Supercomputer – dies entspricht der Rechenleistung eines einzelnen Grafikprozessors, der über 1000 Jahre lang unter Volllast läuft. Gemäss der ETH ist die Schweiz das erste Land der Welt, welches eine Forschungsinfrastruktur auf dem neusten Grace-Hopper-Superchip von Nvidia betreibt.
Mit den Rechenkapazitäten sollen neue KI-Basismodelle für zahlreiche Branchen entwickelt werden, beispielsweise für Robotik, Medizin, Klimawissenschaften oder Diagnostik. Darüber hinaus will sich die Initiative auch grundlegenden Fragen bei der Entwicklung und Nutzung von Chatbots widmen: Wie sieht das Zusammenspiel von Mensch und KI aus? Welches ist der geeignete ethische Rahmen? Wie werden Sicherheit und Datenschutz gehandhabt? Und mit welchen Ansätzen können die Modelle skaliert und energieeffizienter gemacht werden?
KI für Verwaltung und Unternehmen
Die "Swiss AI"-Initiative hat sich auch zum Ziel gesetzt, Wissenschaft, Industrie und Politik zusammenzubringen, um die Entwicklung und den Einsatz der Künstlichen Intelligenz in der Schweiz gemeinsam voranzutreiben. Zudem sollen bereits etablierte Kooperationen mit Firmen, Spitälern und der öffentlichen Hand weiter ausgebaut werden.
Das aufgebaute Fachwissen und die entwickelten Basismodelle sollen dann möglichst offen und direkt an Gesellschaft und Wirtschaft weitergegeben werden. So sollen sowohl Unternehmen als auch die öffentliche Hand von der Initiative profitieren können. "Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden künftig auch KMU immer stärker auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz angewiesen sein", schreibt die ETH.
Vernetzung von Forschenden
Mit der Initiative soll das Fachwissen von rund einem Dutzend Schweizer Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen gebündelt werden. In den letzten Monaten konnten insgesamt über 75 Professorinnen und Professoren aus der ganzen Schweiz für die Initiative gewonnen werden. Darüber hinaus wurden auch internationale Forschende dazu eingeladen, gemeinsam an der Entwicklung von mehrsprachigen und grenzüberschreitenden Open-Source-LLM zu arbeiten.
Die ETH Zürich und die EPFL Lausanne sind schon heute Teil des europäischen KI-Netzwerks Ellis, zu welchem rund 40 KI-Hotspots in ganz Europa gehören. Die beiden Hochschulen betreiben auch
eigene KI-Zentren, die im Rahmen der Initiative künftig enger zusammenarbeiten sollen.