Weltweit kritisieren über 330 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die geplante, europaweit einheitliche E-ID heftig. Grund dafür sind Datenschutzbedenken.
Vor gut einem Jahr hat die EU ein "European Digital Identity Wallet" beschlossen. In der zugehörigen eIDAS-Verordnung werden alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, eine einheitliche digitale Identität anzubieten. EU-Bürgerinnen und -Bürger sollen also künftig ihre Identität online nachweisen können.
E-ID der EU führt zu weniger Sicherheit
In einem heute veröffentlichten offenen Brief melden 335 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter 20 aus der Schweiz, ihre Bedenken an, dass die E-ID dem Datenschutz angemessen Rechnung trägt. Der "fast-finale Gesetzestext" würde in seiner jetzigen Form "wahrscheinlich zu weniger Sicherheit für alle führen", heisst es im Schreiben.
Kritisiert wird im Brief vor allem Artikel 45. Der gegenwärtige Vorschlag würde die Möglichkeit von Regierungen zur Überwachung ihrer Bürgerinnen und Bürger "radikal ausweiten". Die Unterzeichnenden sorgen sich, dass jede Regierung im Alleingang entscheiden kann, den Internetverkehr zu überwachen und dass es keinen Weg mehr gibt, rechtlich dagegen vorzugehen.
"Missbrauch und Fehler sind vorprogrammiert"
Raphael Reischuk
Raphael Reischuk von Zühlke hat das Dokument mitunterzeichnet. Er sagt: "Die EU versucht durch die Hintertür das Transport-Layer-Security-System zu schwächen, ohne dass es dafür eine Notwendigkeit gäbe." Die EU wolle sämtliche Browserhersteller dazu zwingen, Root-Zertifikate von EU-Mitgliedsstaaten zu integrierten. "Missbrauch und Fehler sind damit vorprogrammiert."
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bitten die Verantwortlichen, Artikel 45 zu überarbeiten und so den Datenschutz und die Datensparsamkeit zu wahren und somit die Möglichkeit zur Bildung von Userprofilen zu verhindern. Vermieden werden solle ausserdem die ungleiche Umsetzung der Verordnung durch einzelne Länder. "Big-Tech-Unternehmen und andere Akteure mit schlechten Absichten könnten sich so die idealsten Bedingungen aussuchen." Eine harmonisierte Umsetzung solle ausserdem gewährleisten, dass einzelne Länder überstimmt werden könnten, wenn diese nicht angemessen handeln würden.
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