Wie die schwedische EU-Ratspräsidentschaft mitteilt, haben der EU-Rat und das EU-Parlament eine Einigung darüber erzielt, wie
der "Chips Act" umgesetzt werden soll. Durch den Chips Act soll der Anteil der EU an der globalen Produktionskapazität für Halbleiterprodukte von aktuell unter 10% auf 20% verdoppelt werden. Dies soll die Abhängigkeit von Nicht-EU-Ländern und die Anfälligkeit für Supply-Chain-Probleme stark vermindern. Das Europaparlament und der EU-Rat müssen die Einigung noch formell annehmen, das gilt aber als Formsache.
Ebba Busch, die schwedische Vize-Premierministerin, kommentierte die Einigung enthusiastisch. Die neuen Regeln würden für Europa nichts weniger als eine "Revolution im Schlüsselsektor der Halbleiter" bedeuten. Statt abhängig von anderen zu sein, werde Europa Marktführer werden, und was heute Ausgaben seien, werde zu Investitionen.
Durch die im Rahmen der Einigung beschlossenen Massnahmen sollen insgesamt 43 Milliarden Euro in die europäische Halbleiterbranche fliessen. Allerdings kommen nur 3,3 Milliarden Euro davon direkt aus dem EU-Budget, fast 40 Milliarden Euro sollen öffentliche und private Investoren beisteuern. Dies soll vor allem im Rahmen des "Chips Joint Undertaking" erfolgen, einer Public-Private-Partnerschaft, zu der die EU selbst, deren Mitgliedstaaten und Privatunternehmen gehören.
Die Investitionen sollen durch verschiedene Massnahmen angelockt werden. Das Chips Joint Undertaking wird beispielsweise besonders wichtigen und innovativen Chipdesignunternehmen und Forschungseinrichtungen das Label "Design Centre of Excellence" verleihen können. Dieses erlaubt es den Mitgliedstaaten, solchen Zentren besondere Förderungsmassnahmen zukommen zu lassen, ohne gegen EU-Regeln zu verstossen.
Ausserdem soll der "First-of-a-kind"-Status nun auch an Unternehmen vergeben werden können, die Ausrüstung für die Halbleiterproduktion herstellen. "First-of-a-kind"-Hersteller sollen Unternehmen sein, die die Sicherheit der Nachschubkette für die internen Märkte verbessern. Sie können unter anderem von beschleunigten Bewilligungsverfahren profitieren.
Die 3,3 Milliarden, welche die EU direkt beisteuern will, sind übrigens keine "neuen" Gelder, das EU-Ausgabenbudget wird dadurch nicht erhöht. Es handelt sich um Geld, das aus den Budgets für das Digital-Europe-Programm und das Forschungsprogramm Horizon Europe umgeleitet wird.
Konkrete Projekte
Ein konkretes Projekt, das im Rahmen des Chips Joint Undertaking bereits aufgegleist wurde, ist der Bau der weltweit grössten Produktionsanlage für Siliziumkarbid-Elektronik im Saarland durch den US-Konzern Wolfspeed. Diese Chips sollen vor allem in E-Autos verwendet werden.
Intel hat bereits im vergangenen Sommer Investitionen von rund 80 Milliarden Dollar in den Bau von zwei Chipfabriken in Europa angekündigt. Eine davon könnte in Magdeburg, eine weitere in Mailand entstehen. Die Standorte sind aber noch nicht sicher.
Der Autozulieferer Bosch hat vor einem Jahr seine erste eigene Chipfabrik in Dresden eröffnet. Infineon, bereits seit langem dort ansässig, scheint nun auch eine weitere Produktionsstätte zu planen.