Am 18. Juni haben die Genfer Stimmberechtigten mit 94% Ja-Stimmen das "Verfassungsgesetz Schutz im digitalen Raum" sehr deutlich angenommen. Genf erhält damit als erster Schweizer Kanton eine entsprechende Verfassungsänderung. Die Vorlage wurde vom Staatsrat unterstützt, alle Parteien hatten sie befürwortet.
Die Änderung zielt darauf ab, "ein Grundrecht einzuführen, das auf den Schutz der digitalen Integrität der Bürger abzielt, vor allem im Zusammenhang mit ihren Beziehungen zu öffentlichen Verwaltungen", schrieb die Regierung zur Vorlage. Dazu gehören vor allem das Recht auf Schutz vor der missbräuchlichen Verarbeitung von Daten, das Recht auf digitale Sicherheit, das Recht auf ein Offline-Leben und das Recht auf Vergessenheit, so der Abstimmungstext.
Bürger bei der Digitalisierung unterstützen
Das Verfassungsgesetz verpflichtet den Staat, "im Rahmen der Verarbeitung personenbezogener Daten, für die er verantwortlich ist, ein angemessenes Schutzniveau sicherzustellen, insbesondere wenn diese Verarbeitung im Ausland erfolgt". Weiter ist er verpflichtet, sich im Bereich der digitalen Inklusion zu engagieren, um die Bürgerinnen und Bürger bei der Digitalisierung zu unterstützen. Der Staat Genf soll auch eine aktive Rolle bei der Entwicklung der digitalen Souveränität der Schweiz spielen.
Die Piratenpartei Schweiz begrüsst in einer Mitteilung den Entscheid: "Dies ist ein historischer Moment. Es ist der erste Schritt in Richtung einer digitalen Gesellschaft, die die Menschen schützt. Das Recht auf digitale Integrität gibt uns das Werkzeug, um gegen Massenüberwachung zu kämpfen." Die Piratenpartei rufe auch andere Kantone und die Schweizer Regierung auf, dem Beispiel von Genf zu folgen.
Auch auf Bundesebene wird Verfassungsänderung gefordert
Auf Bundesebene ist im Nationalrat seit Herbst 2022
eine parlamentarische Initiative hängig, die ebenfalls die Aufnahme des "Rechts auf digitale Integrität" in die Bundesverfassung fordert. Unterzeichnet haben sie Mitglieder aller Fraktionen.
Technologien wie Big Data, KI und soziale Netzwerke würden Chancen und Wertschöpfung bringen, aber auch Möglichkeiten bieten, die Integrität der Bevölkerung zu beeinträchtigen, heisst es in der Begründung. Deshalb soll im Kapitel "Grundrechte" der Verfassung der Artikel 10.2 angepasst werden.
Die Genfer Nationalrätin und Mitunterzeichnerin Simone de Montmollin (FDP) hatte gegenüber inside-it.ch explizit auf die jetzt angenommene Vorlage in ihrem Heimatkanton und deren Vorbildcharakter verwiesen. "Angesichts der Tatsache, dass digitale Daten keine territorialen und schon gar keine kantonalen Grenzen kennen, ist diese Thematik ihrem Wesen nach von nationaler oder gar internationaler Bedeutung", sagte sie.