Ein neu gegründeter Verband will die Diskussion über den Glasfaserausbau der Schweiz anregen. Zum Start fährt er Swisscom heftig an den Karren. Der Telco weist die Vorwürfe von sich.
Thomas Blum und Fabian Künzi haben im vergangenen Sommer den Verband Netzallianz gegründet. Dieser habe sich zum Ziel gesetzt, die Diskussion über Glasfaserausbau Schweiz anzuregen und den Parallelbau von Glasfasernetzen zu verhindern, erklärt Mitgründer Künzi am Telefon. Die Glasfaser-Versorgung in der Schweiz sei schlechter als viele glauben. "Ausserhalb von den grossen Städten befindet sich die Schweiz im internationalen Vergleich im hinteren Mittelfeld", so Künzi.
In einer aktuellen Mitteilung kritisiert der Verband Swisscom heftig. "Völlig unverständlich ist insbesondere, dass Swisscom Glasfaser-Parallelnetze realisiert, anstatt ein bereits bestehendes Glasfasernetz eines lokalen Netzbetreibers zu nutzen", heisst es dort beispielsweise.
"Swisscom sorgt für Investitionsunsicherheit bei Gemeinden"
Am Telefon erklärt Künzi die Praxis: "Wenn sich eine Gemeinde an der Gemeindeversammlung die Legitimation für den Bau eines eigenen Glasfasernetzes holt, dann kann sie es theoretisch auch bauen." Nur sei es dann oft so, dass sie es zu den Bedingungen von Swisscom tun müsse oder einen Parallelbau riskiere. Denn: "Wenn Gemeinden die Bedingungen von Swisscom nicht akzeptieren, baut diese einfach ein zweites Netz." Das sorge für Investitionsunsicherheit.
Swisscom sagt dazu, dass man durch das "Einmieten auf ein Netz eines Dritten die entsprechenden regionalen Netze schlussendlich 'aufgeben' würde". Das komme aus ökonomischen Gründen nicht in Frage, schreibt Sprecherin Sabrina Hubacher. "Swisscom muss die in Vergangenheit getätigten Investitionen in die bestehende Infrastruktur schützen und einseitige Abhängigkeiten vermeiden", erklärt sie.
Fabian Künzi
Swisscom offen für konstruktiven Dialog
Die Verbandsgründer Künzi und Blum kennen das Geschäft gut, beide sind offenbar Betroffene. Blum ist Gemeindepräsident im solothurnischen Fulenbach, Künzi ist CEO und Inhaber der Firma Netpartner, einem nach eigenen Angaben unabhängigen Beratungs-, Engineering- und Planungsunternehmen im Bereich Glasfasernetze. In ihren beruflichen Funktionen haben beide immer wieder Kontakt mit Swisscom. Als Verband sei es hingegen noch nicht zu einem Austausch gekommen, sagt Künzi. "Ich bin auch nicht sicher, ob Swisscom der richtige Ansprechpartner für unser Anliegen ist", sagt er. Swisscom hingegen zeigt sich laut Aussage von Hubacher "offen für einen konstruktiven Dialog".
Ihr Zwei-Mann-Verband ist aktuell auf der Suche nach Mitgliedern und Einfluss. "Gemeinden, Kabelnetzbetreiber und Energieversorger können Mitglied werden", sagt Künzi. Es gehe darum, auch in Bern politisch an Einfluss zu gewinnen und die Spielregeln für den Ausbau zu definieren. Und letzten Endes fürchtet Netzallianz ein "nationales Glasfasermonopol von Swisscom", welches verhindert werden solle.
"Politischer gewollter Infrastrukturwettbewerb"
Swisscom-Sprecherin Hubacher schreibt zum Vorwurf, dass das Unternehmen keine Monopolstellung als Netzbetreiber habe. "Der Schweizer Telekommarkt ist von einem politisch gewollten Infrastrukturwettbewerb geprägt." Und in den meisten Fällen gelinge es, "mit den investitionswilligen Parteien den Ausbau in Kooperation durchzuführen". Es könne allerdings in "sehr wenigen Ausnahmefällen" vorkommen, dass spezifische Gründe eine Einigung verhindern würden.
Deswegen teile das Unternehmen aber den Eindruck nicht, dass es vermehrt zu Parallelbauten kommt. "Wir verhandeln zurzeit mit 20 Partnern über Kooperationen, die mehr als 50 Gemeinden und rund 170'000 Wohnungen sowie Geschäfte umfassen", schreibt Sabrina Hubacher. Ausserdem stehe die Nutzung des Swisscom Netzes "allen nachfragenden Service-Providern zu diskriminierungsfreien Konditionen offen".
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