Im März legte Finanzvorstand Daniel Leupi die Jahresrechnung 2022 der Stadt Zürich vor. Daraus sind auch die Steuereinnahmen aus der IT-Branche ersichtlich. Deren wichtigste Vertreter zahlten zusammen in Zürich letztes Jahr knapp 50 Millionen Franken an Steuern, stellt der
'Tages-Anzeiger' (Paywall) fest.
Der Bericht vergleicht diese Einnahmen mit den vergangenen Jahren. Am höchsten fielen sie im Jahr 2017 mit rund 82 Millionen Franken aus. "Seither sind sie – abgesehen von einem kleinen Ausschlag im Jahr 2021 – um mehr als ein Drittel gesunken", schreibt die Zeitung. Dies, obwohl es sich um eine "Boombranche" handle. So hat sich die Zahl der Mitarbeitenden gemäss Statistik Stadt Zürich in diesem Sektor von 17'000 im Jahr 2011 auf über 27'500 Angestellte im Jahr 2020 erhöht. Auch die Zahl der IT-Firmen ist von 1700 auf 2300 gestiegen. Zu den grössten darunter zählen Google, IBM und Avaloq.
Viel weniger Steuerabgaben als die Finanzindustrie
"Dieses Wachstum lässt auf mehr Umsatz und mehr Gewinn schliessen. Beides führt oft zu höheren Steuern – nicht jedoch in der Zürcher IT-Branche", konstatiert der 'Tages-Anzeiger'. Die Grossen der Finanzbranche hätten in der Stadt im Jahr 2022 dagegen zusammen rund 430 Millionen Franken zu den städtischen Steuereinnahmen beigetragen.
Vergleiche man den globalen Gewinn, den die UBS und Google im letzten Jahr erzielten, und rechne diesen anteilsmässig auf die Anzahl der Zürcher Beschäftigten herunter, erwirtschafteten die zwei Unternehmen in der Stadt fast gleich viel Geld: rund 1,55 Milliarden Franken. "Beim geltenden Stadtzürcher Unternehmenssteuersatz von 19% müssten sie folglich je rund 295 Millionen Franken Steuern abliefern", so der Bericht. Die insgesamt 50 Millionen der wichtigsten IT-Vertreter seien aber fast sechs Mal weniger, "als Google allein hätte abgeben müssen, wenn man die Anzahl der Angestellten als Massstab nimmt".
Das städtische Finanzdepartement hält solche Vergleiche für nur beschränkt aussagekräftig, wie eine Sprecherin der Zeitung erklärte. Die Anzahl der Angestellten "korreliert nicht mit dem Steuerertrag". Laut Steuerexperten mache es auch einen Unterschied, dass sich der Hauptsitz von Google im Gegensatz zur UBS nicht in Zürich befindet. Darauf weist auch eine Google-Sprecherin hin: "Google zahlt, wie andere multinationale Unternehmen auch, den überwiegenden Teil der Körperschaftssteuer im Heimatland USA."
Verlegen IT-Firmen ihre Hauptsitze aus der Stadt weg?
Warum trotz Wachstum die Steuereinnahmen aus der IT-Branche sinken, auf diese Frage können im Bericht auch Steuerexperten keine schlüssige Antwort geben. Ein Grund könne die nationale Steuerreform (Staf) sein, vermutet der 'Tages-Anzeiger'. "Die Reform schuf neue Steuererleichterungen für Unternehmen, weil die Schweiz die früheren Holdingprivilegien abschaffen musste."
Von zwei dieser neuen Massnahmen würden IT-Unternehmen vermutlich besonders stark profitieren: "vom erhöhten Forschungsabzug und der
Patentbox". Der Zürcher Ständerat und IT-Unternehmer Ruedi Noser (FDP) führt einen anderen Grund aus: Die hohen Unternehmenssteuern der Stadt würden Firmen dazu bewegen, ihre Hauptsitze in Kantone mit tieferen Steuersätzen zu verlegen. Die grosse Mehrheit der Angestellten belasse man hingegen in der Stadt.
Laut städtischem Finanzdepartement hängen die tieferen Einnahmen auch mit dem Alter der IT-Branche zusammen. "Nachhaltige Steuererträge zahlen in der Regel Grossunternehmen, die seit Jahrzehnten ihren Sitz in der Stadt haben." Die IT-Branche sei im Vergleich zur Finanz- oder zur Versicherungsbranche relativ jung und noch nicht an demselben Punkt angelangt, so die Sprecherin zum 'Tages-Anzeiger'.