Klimaschutz wird zum PC-Verkaufs­argument

5. Januar 2023 um 13:09
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Einzelteile aus der "Concept Luna"-Serie von Dell. Foto: Dell

Die grossen Computerhersteller haben an der CES ihre neusten Geräte vorgestellt. Das Credo bei allen lautet: mehr Nachhaltigkeit.

Zum ersten Mal seit 2020 kann die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas wieder im normalen Rahmen durchgeführt werden. Während sie im Jahr 2021 aufgrund der Covid-19-Pandemie nur online stattfand, wurde sie 2022 verkürzt und nur mit geladenen Gästen durchgeführt. Nun lassen es sich die grossen Hersteller nicht nehmen, ihre Produktneuheiten wieder live auf der altehrwürdigen Messe zu präsentieren.
Während im letzten Jahr noch durchs Band alle Hersteller versuchten, ihre Produkte mit verschiedensten Kollaborationsmöglichkeiten anzupreisen, geht der Trend der Marketingversprechen in diesem Jahr in Richtung Nach­hal­tig­keit. Nachfolgend haben wir eine Übersicht zu den wichtigsten Neuheiten pro Hersteller zusammengetragen:

Modulare Dell-Laptops

Dell hat sein "Concept Luna" überarbeitet. Durch eine modulare Bauweise sollen einzelne Teile von Laptops ganz einfach ausgetauscht werden können. Sollte ein Gerät einmal ausgedient haben, kann es recycelt und die noch funktionier­en­den Einzelteile in ein neues Gerät verbaut werden. Im letzten Jahr sei ins­be­son­dere das Design weiter verfeinert worden, schreibt Dell. In Zukunft sollen für die Produktion keine Klebstoffe und Kabel mehr benötigt und die Ver­wen­dung von Schrauben auf ein Minimum reduziert werden.
Mit den wiederverwendbaren Geräten sollen weltweit jährlich mehr als 57 Millionen Tonnen Elektroschrott vermieden werden, verspricht Dell in einer Mitteilung zur Produktankündigung. Dabei soll nicht nur die "Technologie entmaterial­isiert" werden, sondern auch eine Kreislaufwirtschaft gefördert werden, bei der der Bedarf an neuen Rohstoffen verringert wird.
Eine grundlegende Änderung gab es auch bei den Gaming-Laptops von Dell. Statt wie bis anhin in 15 und 17 Zoll, kommen die Geräte neu in den Display­grössen 14, 16 und 18 Zoll daher. Bei gleichbleibender Gehäusegrösse bieten die Geräte somit mehr Bildschirmdiagonale. Wer lieber am Desktop zockt, soll mit dem Bildschirm Aurora R15 auf seine Kosten kommen. Mit einer Bild­wieder­holungsfrequenz von 500Hz soll dieser Bildschirm laut dem Hersteller die höchste Refresh Rate der Welt aufweisen.

Recycelbare Materialien bei HP

Um seine Geräte als nachhaltig zu vermarkten, setzt HP seit 2019 ebenfalls auf die Verwendung von recycelten Materialien. Das Gehäuse wird dabei aus recycelten Kunststoffen und Metallen sowie weiteren Materialien, die aus dem Meer gefischt wurden, hergestellt. Insbesondere der vorgestellte HP 14-Zoll-Laptop in der Eco Edition soll neue Massstäbe in Sachen Nachhaltigkeit setzen, da bis zu einem Viertel des Produkts aus recycelten Kunststoffen bestehen. Eine Abdeckung des Geräts besteht aus einem Material, das aus gebrauchtem Speiseöl gewonnen wurde. Zudem soll die Verpackung zu 100% aus nachhaltigen Quellen stammen und recycelbar sein.
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HP 14" Eco Edition Laptop. Foto: HP
Ebenfalls speziell ist ein Material, das für den Bau der All-in-One-PCs zum Einsatz kommt: Hier wird recycelter Kaffeesatz verwendet, um Sprenkel in der Oberfläche des PCs zu schaffen. Gemäss HP besteht das Gehäuse dieser Geräte zu über 40% aus recyceltem Kunststoff, der Armständer zu 75% aus wiederverwendetem Aluminium und der Standfuss zu 100% aus recyceltem Polyester.
Neben dem Fokus auf die Nachhaltigkeit gab es von HP auf der CES neue Business-Laptops, Monitore und Peripheriegeräte. Zudem wurde im Bereich Gaming ein "Omen Gaming Hub" vorgestellt, mit dem man direkt auf die Cloud-Gaming-Dienste von Nvidia zugreifen kann. Unabhängig von der Rechenleistung können mit dieser Technologie Computerspiele in bester Qualität genossen werden.

Lenovo bis 2050 CO2-neutral?

Auch Lenovo hat sich ambitionierte Ziele in Sachen Umweltschutz gesteckt: Bis 2050 soll die gesamte Produktion des Computerherstellers CO2-neutral sein. Um dieseZielvorgaben zu erreichen, konzentriert sich das Unternehmen nach eigenen Angaben auf die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft. So sollen bei Lenovo in Zukunft vermehrt wiederverwendbare Materialien in den Pro­duk­ten und Verpackungen eingesetzt werden. Zudem will der Konzern auch verstärkt mit Industriepartnern zusammenarbeiten, um die Energie­effizienz seiner Geräte zu verbessern.
So soll das neue ThinkPad X1 zu 90% aus recyceltem Magnesium in der Hand­ballen­auflage und zu 55% aus recyceltem Aluminium in der unteren Ab­deck­ung bestehen. Darüber hinaus soll auch die Verpackungen der Produkte zu 100% aus wiederverwendbaren Bambus- und Zuckerrohrfasern bestehen. Zudem seien alle ThinkPad Notebooks für den CO2 Offset Service von Lenovo qualifiziert, heisst es in einer Mitteilung des Unternehmens. Über den Dienst können Nutzerinnen und Nutzer ihre CO2-Emissionen ausgleichen.
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Lenovo ThinkPad X1 Carbon Gen 11. Foto: Lenovo
Neben den Flagship-Laptops ThinkPad X1 und X1 Yoga hat auch Lenovo zahlreiche neue Bildschirme und andere Peripheriegeräte vorgestellt.

Apples eigene Party

Der iPhone-Konzern gehört ebenfalls zu den grössten Computerherstellern der Welt, nimmt aber traditionell nicht an der Messe in Las Vegas teil. Das Unternehmen präsentiert seine Produkte jeweils an eigenen Ver­an­stalt­ungen. An der CES hält sich allerdings das Gerücht schon länger hart­näckig, dass Apple in diesem Jahr wohl endlich eine eigene VR-Brille vorstellen wird.

Wichtige Schritte, aber ein weiter Weg

Die Computerhersteller versuchen an der CES 2023 alles, um ihre Produkte in ein möglichst umweltfreundliches Licht zu rücken. Auch wenn die Neuerungen einen Einfluss auf die Klimabilanz haben, sind die Hersteller jedoch noch weit von einer Klimaneutralität entfernt. Noch immer wird zum grössten Teil in Asien produziert und die Waren werden über den gesamten Planeten ver­schickt. Die benötigen Ressourcen, mangelhaftes Recyclingverhalten der Kundschaft sowie auch der Stromverbrauch für den Betrieb der ent­sprech­en­den Geräte dürften ihren Teil zur CO2-Belastung in unserer Atmosphäre beitragen.
Alles in allem sind die an der Messe vorgestellten Innovationen in Bezug auf die Nachhaltigkeit ein Schritt in die richtige Richtung, dürfen aber dennoch getrost als Greenwashing bezeichnet werden.

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