Microsoft hat neue KI-Funktionen für sein Betriebssystem vorgestellt. Dazu setzt das Unternehmen auch auf eine neue Chip-Architektur.
Microsoft setzt auf Künstliche Intelligenz, um Windows-Computer in die Zukunft zu bringen. Kern des Plans: Der hauseigene KI-Assistent Copilot, entwickelt mit der Technik hinter ChatGPT.
Die PC-Architektur wird diesem Ziel untergeordnet. So soll sich künftig eine Neural Processing Unit (NPU) um den Workload von KI-Anwendungen kümmern. Das macht PCs schneller und verlängert die Batterielaufzeit bei mobilen Geräten.
Die neue Architektur nennt Microsoft "Copilot+ PCs". Dabei sei die Reihenfolge kein Zufall, betont Marketingchef Yusuf Mehdi an der Präsentation im Hauptquartier des Konzerns. Der Computer ist der KI untergeordnet – und nur eine der Plattformen dafür.
Erinnerungshilfe "Recall"
Ein Paradebeispiel für Microsofts Vision für den PC der Zukunft ist die Suchfunktion "Recall", mit der man alles wiederfinden soll, was man auf dem Computer gesehen oder gemacht hat. Im Grunde speichert der Rechner alle paar Sekunden eine Bildschirmaufnahme und analysiert den Inhalt mit KI-Modellen.
Das soll helfen, wenn man sich beispielsweise nicht an den Namen einer besuchten Reise-Website erinnern kann – aber daran, dass sie ein Bild mit Palmen und Meer hatte. So soll es künftig reichen, "Palmen und Meer" in die Suchmaske einzutippen, um die Website über den Screenshot wiederzufinden.
So funktioniert "Recall"
Das entspreche mehr dem, wie die menschliche Erinnerung funktioniere, argumentiert Microsoft. Das Ziel in der Computerbranche sei schon immer gewesen, "Computer zu bauen, die uns verstehen, statt dass wir Computer verstehen müssen", sagte Microsoft-Chef Satya Nadella an der Präsentation.
Nach seinem Gefühl komme man bei dieser Vision einem "echten Durchbruch näher". Wie hilfreich "Recall" im Alltag sein wird, muss sich für jeden Einzelnen zeigen.
Funktion hat Grenzen
Die neue Funktion hat allerdings auch ihre Grenzen. Auf KI-PCs mit einem Mindestspeicher von 256 Gigabyte wird das Gedächtnis der Funktion nur etwa drei Monate zurückreichen. Die vielen Bildschirmaufnahmen nehmen schliesslich viel Platz ein. Um das Vertrauen der Nutzer zu stärken, arbeitet "Recall" vorerst grundsätzlich nur auf dem Computer, ohne Cloud-Anbindung.
Mehr als 18 Monate sind dadurch auch mit grösserem Speicher nicht drin. Zugleich versichert Mehdi, dass man den Funktionsumfang mit der Zeit ausbauen werde.
Technologie des Chipentwicklers Arm
Unter der Haube der ersten neuen KI-PCs spielt sich eine kleine Revolution ab: Sie laufen nicht mit Intel-Prozessoren, sondern mit der Technologie des Chipentwicklers Arm, die auch in praktisch allen Smartphones steckt.
Apple stellte bereits in den vergangenen Jahren die komplette Modellpalette seiner Macs von Prozessoren von Intel auf Chips aus eigener Entwicklung auf Basis der Arm-Architektur um. Als Folge liefen sie der Konkurrenz bei Tempo und Batterielaufzeit davon.
Vergleich mit Apple
In Microsofts Präsentation kam Apples Verbrauchermodell MacBook Air als der Massstab daher, den es zu schlagen gilt. Apple stellte jüngst den leistungsstärkeren M4-Chip vor, baut ihn aber bisher nur in das neue Pro-Modell seiner iPad-Tablets ein.
Anders als Apple entwickelt Microsoft die Chips nicht selbst, sondern greift auf die Arbeit des Chipkonzerns Qualcomm zurück. Dessen Chef Cristiano Amon sagt schon lange, dass der Arm-Technologie nicht nur bei Smartphones, sondern auch im PC-Markt die Zukunft gehöre.
Microsoft hält allerdings auch dem langjährigen Partner Intel einen Platz frei. Wenn die nächste Generation der Chips mit Intels Architektur fertig ist, soll es auch KI-PCs geben. Für Microsoft sei es ein zusätzlicher Aufwand, beide Halbleiter zu unterstützen, aber Vielfalt sei gut, sagt Mehdi.
Weitreichender Datenzugriff fehlt
Versuche, Windows auf Arm-Chips zu bringen, gab es von Microsoft zwar seit Jahren. Aber die Geräte lieferten stets eine schlechtere Leistung als Intel-PCs. Jetzt gibt es nicht nur bessere Prozessoren, sondern auch dank Apple mehr speziell an die Arm-Architektur angepasste Programme sowie ein dafür umgeschriebenes Windows.
Ein grundsätzliches Problem für Microsofts KI-Funktionen wie die "Recall"-Suche ist, dass der Konzern nur auf dem PC den weitreichenden Datenzugriff hat. Die Smartphone-Plattformen werden von Google und Apple kontrolliert. Mehdi verweist darauf, dass man auch dort mit der Copilot-App präsent sei – wenn bisher auch mit weniger Funktionen als auf dem PC.