Im Kanton Waadt soll 2023 eines der grössten Schweizer RZs in Betrieb gehen. Der Initiant und die Gemeinde erläutern das Projekt.
Etwas über 400 Einwohner hat das Dorf Saint-Triphon, das zur grösseren waadtländer Gemeinde Ollon in der Region Chablais gehört. Bekannt ist es für den ehemaligen Steinbruch von Andocens, der seit den 1990er-Jahren von Karls Kühne Gassenschau und anderen regelmässig für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Diese Freilichtbühne soll nun in einen anderen Bereich am Fuss des Steinbruchs verlegt werden, denn auf dem Gebiet von Andocens sind ein grosses Rechenzentrum und ein Technologie-Park geplant.
"Ja, es ist ein grosses Projekt. Wir bauen ein Datacenter mit 3000 Racks in 3 Gebäuden und auf einer Gesamtfläche von 14'000 Quadratmetern", sagt Alain Audemars gegenüber inside-channels.ch. Er ist Direktor des Architekturbüros Arcos'arre in Martigny und hatte das Projekt 2020 zusammen mit L & S Consultants aus Grandson angestossen.
Zum Vergleich: Das sich im Bau befindliche neue RZ des US-Konzerns Vantage Data Centers in Winterthur umfasst gegen 16'000 Quadratmeter Fläche. Das bisher grösste Schweizer RZ SH2 von Safehost in Gland (VD) bringt es auf 14'200 Quadratmeter Fläche. Die 93 bestehenden Schweizer Rechenzentren haben ein Gesamtfläche von 154'000 Quadratmetern, die sich vor allem auf die Regionen Zürich, Genf und Bern verteilen.
250 Millionen für das RZ, 150 Millionen für den Tech-Park
400 Millionen Franken soll das Gesamtprojekt in Saint-Triphon kosten: 250 Millionen das RZ, 150 Millionen der Tech-Park, der in einer zweiten Bauphase daneben entstehen soll. Gedeckt werde das Budget durch Schweizer und ausländische Investoren, sagt Audemars. Für deren Gewinnung sei L & S Consultants verantwortlich. Man habe diese Investoren nun beisammen, werde aber erst Ende Juli nach der definitiven Unterzeichnung der Verträge deren Namen öffentlich kommunizieren.
Nicht direkt am Projekt beteiligt ist die Gemeinde Ollon, wie uns Pierre Alain-Martinet, verantwortlich für Baupolizei und Informatik, erklärt. "Es ist ein privates Projekt." Die Gemeinde begrüsse es aber: "Es bringt die Schaffung von 60 Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung, wirtschaftliche Nebeneffekte für die Gemeinde und die Region Chablais. Wir sind stolz auf ein innovatives, ökologisch verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Technologiezentrum, insbesondere im Bereich Energieeinsparung und Wärmerückgewinnung."
Saubere Energie durch Wasserstoff und Photovoltaik
Die Umweltverträglichkeit betont auch Audemars: "Neben der Grösse des Geländes liegt die Besonderheit des Projekts in der Erzeugung von sauberer Energie, das heisst 1,5 und 2 MW durch Photovoltaik und 3 MW durch Wasserstoff."
Alain Audemars.
Warum wurde für dieses Grossprojekt Saint-Triphon und nicht etwa ein Gebiet in der Agglomeration Lausanne oder Genf ausgewählt? Für den Standort würden verschiedene Gründe sprechen, so Audemars. Das Terrain sei flach, der Untergrund sehr stabil. "Ausserdem war die Nähe des Zugangs zum nationalen Strassennetz und zu Bahnlinien der SBB eine Priorität."
Die Region Chablais mit ihrer Lage im Grenzgebiet der Kantone Wallis und Waadt sei zudem ein Entwicklungsgebiet, das stark expandiere. So hat Tamoil Schweiz kürzlich angekündigt, seine stillgelegte Raffinerie Collombey in ein Industrie-, Freizeit- und Erholungsgebiet mit 150 Hektaren Fläche umzuwandeln.
Kommt ein Hyperscaler als Mieter?
Zurück nach Saint-Triphon: 14'000 Quadratmeter RZ-Fläche – das ruft nach einem grossen RZ-Betreiber, einem Hyperscaler oder einem Unternehmen aus dem nahen Frankreich. Audemars will aber auch dazu noch keine Namen bekannt geben. "Es wird einen Hauptmieter geben, der die Untermieter beaufsichtigt und der sich um alle Fragen des Rack-Einbaus, der Instandhaltung usw. kümmert. Der Name kann bei der späteren Vertragsunterzeichnung offengelegt werden."
Bekannt ist aber bereits der Zeitplan für das Grossprojekt. Die Umzonung sei bewilligt, man reiche nun die Baugenehmigung ein. Die erste Halle soll im Dezember 2022 fertig gebaut sein, das RZ darin im Juni 2023 in Betrieb gehen. Bis Ende 2023 soll dann das gesamte Datacenter am Netz sein.
Der Tech-Park, "ein Camp für High-Tech mit weiteren rund 150 Arbeitsplätzen", soll bis 2025 parallel dazu gebaut werden. "Zurzeit sind keine Verbindungen zwischen den beiden Bereichen geplant, mit Ausnahme der grünen Energieerzeugung", sagt Audemars. So soll etwa die Wärme des RZs für die Beheizung des Camps und weiterer Gebäude in der Umgebung genutzt werden.