

Insieme: Das steht in der Anklageschrift
26. August 2015 um 08:09Das gescheiterte Informatikprojekt "Insieme" der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) wird ab kommender Woche ein juristisches Nachspiel am Bundesstrafgericht in Bellinzona haben.
Das gescheiterte Informatikprojekt "Insieme" der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) wird ab kommender Woche ein juristisches Nachspiel am Bundesstrafgericht in Bellinzona haben. Einem ehemaligen Beschaffungschef wird ungetreue Amtsführung und Urkundenfälschung zur Last gelegt. 2012 kam ans Licht, dass es beim Informatikprojekt "Insieme" zu Unregelmässigkeiten gekommen war - im Herbst gleichen Jahres zog Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Notbremse und stoppte es. Für den Bund bedeutete das Abschreibungen von über hundert Millionen Franken. Im Visier der Anklage am Bundesstrafgericht ist in erster Linie der ehemalige Beschaffungschef von IT-Dienstleistungen in der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Er muss sich laut Anklageschrift wegen mehrfacher ungetreuer Amtsführung und Urkundenfälschung verantworten.
Er soll zwei Zulieferfirmen für Insieme gemäss Anklageschrift einen "unrechtmässigen finanziellen Vorteil" in Höhe von 105'000 Franken verschafft haben. Für diesen "schwerwiegenden" Verstoss gegen das Beschaffungsrecht habe er verschiedene Dokumente mit falschen Daten versehen, Checklisten absichtlich falsch ausgefüllt und mindestens eine Verzichtserklärung für eine Offerteingabe auf den Namen einer dritten Firma gefälscht zu haben. Der Geschäftsführer habe das Dokument für ihn unterzeichnet. So soll es gelungen sein, Ausschreibungen von Aufträgen vorzutäuschen, die er in Wahrheit freihändig vergeben hat.
Restaurantbesuche und Hotels bezahlt
Ebenfalls auf der Anklagebank sitzen auch der ehemalige Mitbesitzer und Geschäftsführer der IT-Firma BSR & Partner und der CEO der Informatikfirma At-Point. Sie hatten den Beschaffungschef zwischen 2008 und 2012 zu gut 50 Restaurantbesuchen und Hotelübernachtungen im Wert von etwa 5000 Franken eingeladen. Unter anderem stehen der Besuch des Champions-League-Spiels von Bayern München gegen den FC Basel und ein über 200 Franken teures Essen in einem Stripclub auf der Rechnung. Der Beschaffungschef hat dabei laut Anklageschrift ohne das Wissen und die Zustimmung seines Vorgesetzten gehandelt. Den Unternehmenschefs wird mehrfache Vorteilsgewährung und mehrfaches Bestechen vorgeworfen. Sie sollen im Gegenzug für ihre Firmen Aufträge und Mandate für über 5,5 Millionen Franken erhalten haben.
Möglicherweise noch weit grössere Ausmasse
Hinter vorgehaltener Hand werde behauptet, der Skandal habe noch weit grössere Ausmasse, schreibt der 'Tages Anzeiger'. Allerdings sei die Anklage darauf bedacht, aus den 50 Ordner umfassenden Untersuchungsakten nur Vergehen in die Anklageschrift aufzunehmen, für die es hieb- und stichfeste Beweise gibt. So solle das Risiko einer Niederlage vor Gericht minimiert werden. Der Prozess am Bundesstrafgericht beginnt am kommenden Dienstag.
Wie der 'Tages Anzeiger' weiter berichtet, ist es nicht das erste Mal, dass der angeklagte Beamte ins Zwielicht gerät. Schon 2001 sei er unter Korruptionsverdacht geraten, damals im Zusammenhang mit der Beschaffung von Bildschirmen. Ein anonymes Schreiben soll ihm später vorgeworfen haben, er habe sich ein Motorboot schenken lassen. (sda/mik)
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