"Wollen wir künftig selbst über eine schweizerische E-ID bestimmen, oder wollen wir das Feld der Identifizierung im Internet Amazon, Google, Facebook oder Apple überlassen?" Diese Frage stellt kein Geringerer als Ruedi Noser, Ständerat der FDP (ZH) und IT-Unternehmer, und er stellt sie auf der Plattform der Befürworter des E-ID-Gesetzes.
Sind Google, ein grosser Arbeitgeber in der Schweiz, und dessen Login zu Cloud-basierten Services eine Bedrohung, falls das Volk das E-ID-Gesetz ablehnt? "Je länger wir in der Schweiz keine E-ID haben, desto mehr ist das im Interesse dieser Konzerne", warnt Noser auf der Befürworter-Plattform. "Wenn es um die elektronische Identität geht, brauchen wir eine Schweizer Lösung!"
Noser, VR seiner Holding, aber auch VR von Crealogix, Credit Suisse Asset Management (Schweiz) und Vorstand von Digitalswitzerland, wirbt für eine Schweizer E-ID "anstatt einem unregulierten Flickenteppich von ausländischen Techgiganten", wie er schreibt. "Das sage ich als IT-Unternehmer, der mit diesen Firmen gut zusammenarbeitet und grössten Respekt vor deren Produkten und Angeboten hat."
Auch in Bildern warnt Digitalswitzerland vor Google- und Facebook-Logins, sei es auf der eigenen Plattform oder in Online-Werbung bei Medien.
Das ist einigermassen pikant, schliesslich sagt Noser dies auf der Abstimmungsplattform, die Digitalswitzerland betreibt. Eines der Gründungsmitglieder ist Google Schweiz, und der Schweizer Konzernchef ist im Vorstand. Ausserdem sitzt der Chef von Google-Cloud Alps in der Comcom, der unabhängigen Konzessions- und Regulierungsbehörde im Schweizer Fernmeldebereich.
Was sagt Google Schweiz zu dieser Werbebotschaft? Hat das Ja-Komitee gar Google Ads gratis erhalten? Oder, da Google zu den Profiteuren eines Volks-Neins gehören könnte, investiert der "ausländische Techgigant" in Schweizer Nein-Komitees?
Google Schweiz reagierte nicht auf zwei Anfragen.
Die Abstimmung findet am 7. März 2021 statt: Das E-ID-Gesetz soll es zertifizierten privaten Firmen ermöglichen, eine staatlich anerkannte E-ID herauszugeben, die im Schweizer E-Commerce und Online-Kontakten mit Schweizer Behörden eingesetzt werden könnte. Sie ersetzt weder die heutige Schweizer ID, noch den Pass im Umgang mit ausländischen Behörden. Und die gültige Identifizierung beim Online-Shopping oder für Hotelbuchungen im Ausland bleiben die Kreditkarte oder Paymentdienste wie Paypal. Vertreter der IT- und Tech-Wirtschaft wie Asut, Digitalswitzerland, Swico, SwissICT, eGov Schweiz und die Swiss Data Alliance sind für ein "Ja".
Die Gegner sind eine breite Allianz von Organisationen und Parteien, namentlich Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen, FDP und GLP. Geführt wird die Kampagne von der Digitalen Gesellschaft und dem Verein Public Beta, unterstützt vom Schweizerischen Verband für Seniorenfragen. Auch mehrere Kantone sind nicht damit einverstanden, dass private Firmen eine E-ID herausgeben dürfen.