Sunrise und Grossaktionär Freenet sind wegen der geplanten Übernahme von UPC zum offenen Schlagabtausch übergegangen und decken sich gegenseitig mit Vorwürfen ein. Der "Abstimmungskampf" für die Generalversammlung ist eröffnet.
Der Sunrise-Verwaltungsrat erhob am gestrigen Donnerstag happige Vorwürfe: Die entsprechende Mitteilung umfasste gleich vier Seiten. Es war die Antwort des Gremiums auf die Ankündigung von Freenet von letzter Woche, die geplante Kapitalerhöhung für den UPC-Kauf an der für Herbst geplanten Generalversammlung abzulehnen. Diese Meinung hat Gewicht, weil Freenet rund einen Viertel an Sunrise besitzt.
Die Argumente von Freenet gegen den UPC-Deal seien nicht nachvollziehbar und von eigennützigen Überlegungen geleitet, schreibt Sunrise. Die Freenet-Vertreter im Verwaltungsrat hätten zudem mutmasslich die Vertraulichkeitsverpflichtungen verletzt, litten ohnehin unter einem Interessenskonflikt und würden
nun von Beratungen im Zusammenhang mit der UPC-Transaktion ausgeschlossen.
Ein weiterer Vorwurf: Ursprünglich hätten die Freenet-Vertreter dem Kaufpreis zugestimmt und erst später die Meinung geändert. Dies habe wohl mit finanziellen Problemen von Freenet zu tun. Das Unternehmen wolle den Sunrise-Anteil so schnell wie möglich verkaufen, um den eigenen Schuldenberg abzubauen.
Sunrise will – wie seit Februar bekannt ist – UPC für 6,3 Milliarden Franken kaufen. Dafür ist eine Kapitalerhöhung in Höhe von 4,1 Milliarden geplant. Freenet will eine kleinere Kapitalerhöhung und fordert unter anderem eine Beteiligung von UPC-Besitzerin Liberty Global.
Die Vorwürfe von Sunrise will Freenet nicht auf sich sitzen lassen. Zwar habe er in einer frühen Phase einen Deal mit UPC grundsätzlich unterstützt, sagte Firmenchef Christoph Vilanek der Nachrichtenagentur 'AWP.' "Doch als es konkret wurde, haben wir explizit gesagt, wir unterstützen das nicht."
Zum Teilausschluss aus dem Verwaltungsrat meinte er: "Ich dachte immer, die Firma gehört den Aktionären und nicht dem Verwaltungsratspräsidenten." Auch der Mutmassung, Freenet wolle sich vom Sunrise-Paket trennen, trat der Firmenchef energisch entgegen: "Wir sind in keinster Weise gezwungen, unsere Aktien zu verkaufen." Und: "Ich habe bis heute noch nie mit jemanden über einen Verkauf unserer Aktien gesprochen."
Die Fronten sind verhärtet, und ein Kompromiss scheint schwierig. Sunrise will den Deal trotz des Freenet-Widerstands durchdrücken. Die Sunrise-Aktionäre werden daher aller Voraussicht so über die Finanzierung abstimmen, wie diese ursprünglich geplant war. "Davon gehe ich aus", sagte Sunrise-Finanzchef André Krause am Donnerstag. "Wir sind in der Endphase der Planung und können nicht bis zur letzten Minute warten." Es gebe aber noch einen gewissen Raum für Anpassungen.
Sunrise-Chef Swantee geht davon aus, dass die Wettbewerbshüter den Deal bis spätestens Anfang Oktober absegnen werden. Sofern die Generalversammlung zustimme, solle die Transaktion dann im November 2019 abgeschlossen werden.
Das Sunrise-Management eröffnete am Donnerstag schon einmal den "Abstimmungskampf" für die Generalversammlung. Laut ihm ist der Kauf von UPC noch attraktiver geworden. Denn bei UPC entwickelten sich die Geschäfte besser als erwartet. Zudem hätten neue Berechnungen ein höheres Synergiepotenzial ergeben.
Freenet hatte hingegen nach Analyse der UPC-Zahlen ein Nein zum Deal beschlossen. Die UPC-Zahlen seien schlecht. "Die Risiken des Deals werden immer deutlicher, und die Chancen bleiben unsicher", meinte Freenet-Chef Vilanek. Laut ihm ist sein Unternehmen mit seinem Widerstand nicht allein. "Wir haben seit letztem Freitag viele positive Reaktionen erhalten." (Keystone-sda/kjo)