Verbirgt sich Vorrats­daten-Speicherung unter "admi­nis­trativen Erleich­terungen"?

27. April 2021 um 09:46
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Parlamentarier diskutieren derzeit im Rahmen einer Sammelvorlage über eine zentrale Datenauswertung. Es regt sich Widerstand.

Geht es nach dem Bundesrat, könnte im Rahmen des Bundesgesetzes über "administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts" die Vorratsdatenspeicherung doch noch eingeführt werden.
Das legt jedenfalls eine Mitteilung der Digitalen Gesellschaft nahe, die just zu dem Zeitpunkt erscheint, da die zuständige Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen im Nationalrat (KVF-N) den Gesetzes-Entwurf (PDF) zu diskutieren hat.
Die anvisierten neuen Möglichkeiten könnten weit über "administrative Erleichterungen" oder eine "Entlastung des Bundeshaushalts" hinausgehen, die "das neue Bundesgesetz seinem Namen nach verspricht", hält die Digitale Gesellschaft fest. Unter "6. Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs" hält der Entwurf fest, es gehe darum, "Bearbeitungsfunktionen, einschliesslich Analysefunktionen, für die im (Verarbeitungs-)System gespeicherten Daten anzubieten".
Der Verein, der "für Bürger- und Konsumenten­schutz im digitalen Zeitalter" eintritt, kämpft seit Jahren gegen die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz. Und fordert nun auch von der KVF-N, auf die zentrale Auswertung zu verzichten. Unter anderem wird darauf verwiesen, dass nach Protesten bereits die Finanzkommission des Nationalrats die Rückweisung der Gesetzesvorlage beantragt habe.
"Allein schon das Sammeln der Vorratsdaten verstösst gegen die Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention", heisst es in der scharfen Kritik des Vereins weiter. Charakterisiert wird die Vorratsdatenspeicherung als "die anlasslose und verdachtsunabhängige Massenüberwachung aller Menschen in der Schweiz". Mit der anvisierten zentralen Datenauswertung würde die bereits bestehende Verletzung der Bundesverfassung und der Menschenrechtskonvention verstärkt und verschlimmert, so der Verein weiter.

"Rechtsstaatlich sensibler Bereich"

Kritisiert wird auch, dass der Bundesrat mit dem Entwurf des Bundesgesetzes "still und leise neue Ermittlungsmethoden für Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdienst schaffen" will. Das stimmt allerdings nur bedingt. Denn National- und Ständerat hatten insbesondere die Änderungen, die das Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) betreffen, sehr wohl als "in einem rechtsstaatlichen sensiblen Bereich angesiedelt" eingestuft. Sie könnten "nicht einfach in einer Sammelvorlage zur Entlastung des Bundeshaushaltes durchgewinkt werden", hiess es denn auch in einer Mitteilung der KVF-N von Ende März 2021. Man habe diese Vorlage ausgegliedert und wolle die Anträge des Bundesrates nun genauer unter die Lupe nehmen. Die Parlamentarier kündigen an, den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten und Vertreter der Strafverfolgungsbehörden anhören, um erst dann "die Detailberatung vorzunehmen".
Offensichtlich sehen auch einige Politiker, dass der Gesetzesentwurf in "einem Ausbau der Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden und des Geheimdienstes" resultieren könnte.
Die Digitale Gesellschaft sieht die Gefahr, dass durch diese Änderungen am Büpf eine Rechtsgrundlage geschaffen werde, die es erlaube, Daten aus der Vorratsdatenspeicherung im Verarbeitungssystem des Dienstes ÜPF zu analysieren und die Ergebnisse zu visualisieren. Zudem heisse es bereits in dem erläuternden Bericht zu dem Gesetz: "Daraus können weitreichende Schlüsse über Personennetzwerke sowie Kommunikations- und Bewegungsgewohnheiten gezogen werden", so der Verein. Kurz: Die nun vorgeschlagene Änderungen seien nicht einfach eine "administrative Erleichterung" oder eine "Entlastung des Bundeshaushalts", so die Kritiker.
Das Verbot der Vorratsdatenspeicherung ist  schon seit 2014 Thema des Vereins. Zuletzt waren Vereinsmitglieder 2018 vor Bundesgericht mit einer Beschwerde gescheitert. Die Speicherung von Telefondaten ist laut Bundesgericht zulässig.
Gegenwärtig noch nicht entschieden ist ein Gerichtsverfahren am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

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