Der Bund will die E-ID neu aufgleisen. Die Vernehmlassung zum neuen Gesetzesentwurf über den digitalen Ausweis ist mittlerweile in vollem Gange. Doch wie sieht dieser Entwurf überhaupt aus? Wie soll das Vertrauen in die E-ID neu geschaffen werden? Diese und weitere Fragen beantwortete die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit "Parldigi" in einem virtuellen Hearing.
Neue Lösung
Das E-ID-Gesetz ist am 7. März 2021 kläglich an der Urne gescheitert. Gleich darauf wollte der Bundesrat rasch eine neue Lösung präsentieren und beauftragte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement damit, eine sichere staatliche E-ID zu entwerfen. Inzwischen hat der Nationalrat sechs identische Vorstösse für eine neue E-ID gutgeheissen, der
Ständerat stimmte den Motionen im Juni 2022 ebenfalls zu.
Die Gegnerinnen und Gegner kritisierten im Abstimmungskampf 2021 insbesondere die Rolle der privaten Konzerne, die die E-ID ausstellen sollten. Es wäre eine vertrauenswürdige, staatliche Lösung erwünscht gewesen, hiess es seitens des Nein-Komitees. Der digitale Ausweis ist zudem auch an der Thematik des Datenschutzes sowie der Datensparsamkeit gescheitert. Der neue Gesetzesentwurf will diesen Kritikpunkten nun entgegenkommen.
Gleichwertig mit physischer ID
Einerseits soll der Bundesrat einen virtuellen Ausweis schaffen, der vergleichbar mit der ID oder dem Pass in der physischen Welt ist. Von einem Login für Online-Dienste ist nicht mehr die Rede. Die Ausstellung der E-ID soll nicht durch private Konzerne erfolgen, sondern durch das Bundesamt für Polizei (Fedpol), hiess es im Open Hearing weiter. Weiter sollen Techniken wie Privacy by Design und Privacy by Default den Datenschutz sowie die Datensparsamkeit gewährleisten. Nur eines unterscheide die E-ID von einer physischen ID: In der elektronischen Form soll man zusätzlich die AHV-Nummer hinterlegen.
Überidentifikation und diskriminierungsfreier Zugang
Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey sieht grosse Herausforderungen in der Überidentifikation. Die E-ID soll nicht unnötig eingefordert werden, wo es nicht nötig ist. Von einem Ausweiszwang sehe der Entwurf klar ab. Hierfür seien ergänzende Gesetzesartikel notwendig, die einen diskriminierungsfreien Zugang für Personen ohne E-ID sowie die Einschränkung der Datenbearbeitung auf das unbedingt Erforderliche gewährleisten. Auch die Informations- und Zustimmungspflicht sowie das Widerrufsrecht will Parldigi mit weiteren Ergänzungen sicherstellen. "Die E-ID soll keine Fussfessel werden", sagte der Direktor des Bundesamtes für Justiz Michael Schöll in der virtuellen Diskussionsrunde.
Im Gesetz gibt es auch einen Abschnitt, der Gebühren thematisiert. "Wir stellen uns kleine Beträge vor", meinte Christian Heimann, Fachspezialist E-ID beim Fedpol. "Für den Eintrag ins Basisregister ist höchstens ein zwei- oder dreistelliger Betrag zu erwarten. Beim Vertrauensregister, um den Identifikator bestätigen zu können, sind allerdings gewisse Aufwände nötig – hier sehen Unternehmen und Ausstellende Kosten im dreistelligen Bereich auf sich zukommen." Für Bürgerinnen und Bürger soll das Ganze aber nichts kosten.
Deepfakes als Risiko
Um sich virtuell zu identifizieren, muss ausserdem eine Gesichtsidentifikation her. Im Vergleich zur Video-Identifikation gibt es einen Unterschied: Der Bund besitzt in einer Datenbank das Referenzmaterial zum Vergleich. "Eine Ausweisfälschung
wie vom CCC generiert, ist daher kein Angriffsszenario", heisst es seitens Heimann weiter. "Was bleibt, sind Risiken um Deepfakes; diese werden in den kommenden Monaten vertieft analysiert."
Die Hörer des Open Hearings bleiben kritisch, einige Fragen bleiben unbeantwortet, die Hinterlegung der AHV-Nummer wird angezweifelt. "Als Security-Verantwortlicher einer Bank bin ich jetzt richtig verunsichert", lässt sich ein Teilnehmender zitieren. Man könne sich allerdings noch immer einbringen. Es sei wichtig, die Diskussion weiterzuführen, sagte Nationalrätin und Parldigi-Co-Präsidentin Edith Graf-Litscher als Schlusswort.