Talkeasy Schweiz wird liquidiert

27. Januar 2023 um 13:40
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2012 wurde Talkeasy als FCZ-Hauptsponsor vorgestellt. Rolf Fringer (damaliger Cheftrainer FCZ), Ancillo Canepa (damaliger und heutiger Präsident FCZ), Fredy Scheucher (damaliger CEO TalkEasy GmbH). Foto: FC Zürich

Am 14. Dezember 2022 wurde Talkeasy aufgelöst. Der Schweizer Telco war für seine aggressive Kundenbindung bekannt.

Der Schweizer Telefon- und Internetanbieter Talkeasy ist in Liquidation. "Die Gesellschaft ist mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 14.12.2022 aufgelöst", heisst es im Eintrag des Handelsregisters. Trotz mehrfachen Nachfragens wollte der Telco keine Auskunft darüber geben. Es ist unklar, wie es um die Niederlassungen in den Nachbarländern steht oder wie seine Kunden und Mitarbeitenden über die Liquidation informiert wurden.
Die Firma hatte insbesondere aufgrund ihrer aggressiven Kundenbindung und mutmasslichen Täuschungen immer wieder Medienpräsenz erhalten. So gab es zum Beispiel 2014 eine Strafklage gegen Talkeasy. Die Firma stand damals im Verdacht, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb missachtet zu haben.
Auslöser waren Beschwerden von Personen, die angegeben hatten, durch die Firma getäuscht worden zu sein, wie das Seco damals schrieb. Vertreter von Talkeasy hätten sich als Mitarbeiter von Swisscom ausgegeben, die den Telefon- und Fernsehanschluss oder das Glasfasernetz überprüfen müssten. So konnten sie sich Zutritt zu Privathaushalten verschaffen. Dort hätten sie den Betroffenen Verträge für angeblich günstigere Abos unterbreitet. Die Betroffenen hätten erst im Nachhinein realisiert, dass sie ohne Absicht den Anbieter gewechselt hätten.
In den letzten Jahren wurde es ruhiger um Talkeasy. Die Firma ging durch einige Hände: Bis 2016 war Fredy Scheucher Geschäftsführer, danach Robert Ranke und anschliessend Günter Thebing. Die beiden letzteren haben insbesondere in Deutschland bekannte Namen. Ranke war bis 2019 Chef und Mitarbeiter vieler deutscher Firmen wie VSR Verlag Service, MVR Medienbetrieb, Mivolta, Energy2day oder Starcom. Allesamt bekannt für ihre aggressive Kundenbindung. Thebing übernahm die Leitung der Firmen, nachdem Ranke verstorben war. Die Unternehmen sollen schon allesamt mit Glücksspiel oder Gutscheinen ihre Kundinnen und Kunden getäuscht haben, um sie so in eine Abofalle zu locken.

Geschäftsführer gerichtsbekannt

Die Firmen des jetzigen Geschäftsführers von Talkeasy, Günter Thebing, sind schon "gerichtsbekannt". Aufgrund unzulässiger Werbeanrufe wurde etwa der Stromversorger Mivolta angeklagt und zu einer Strafe von rund 250'000 Euro verdonnert. Thebing hat das Amt als Mivolta-Chef mittlerweile abgegeben.
An was genau Talkeasy zugrunde ging, wollte uns die Firma nicht verraten. Dass sie aber genau so unfaire Praktiken wie ihre benachbarten Schwesterunternehmen betreibt, ist nur allzu bekannt. Erst in den kleingedruckten AGBs macht der Telco etwa darauf aufmerksam, dass er dem Kunden bei einer vorzeitigen Auflösung des Abovertrags eine Bearbeitungsgebühr von bis zu 200 Franken in Rechnung stellen kann.
Dafür gewann Talkeasy vor einigen Jahren gar den "Preis" "Klein aber gemein" des Konsumentenschutzes. Für diesen ist das Vorgehen aus zweierlei Gründen besonders stossend: "Zum einen wird eine derartige Gebühr zusätzlich zur Abogebühr erhoben. Auf die Abogebühr verzichtet Talkeasy nämlich nicht, auch wenn der Kunde die Telecomdienstleistungen von Talkeasy gar nicht mehr in Anspruch nimmt", heisst es in der Begründung. Der Kunde werde somit finanziell doppelt belastet, ohne dass Talkeasy dafür im Gegenzug eine Leistung erbringt.
Zum anderen habe man es mit einer typischen Blackbox-Bestimmung zu tun: die Bearbeitungsgebühr kann bis zu 200 Franken betragen. So weiss der Kunde nicht, womit er genau zu rechnen hat. "Faire und transparente Geschäftsbedingungen verzichten aber auf Bestimmungen, die vom Anbieter ganz nach seinem Gutdünken angewendet werden können", kommentierte der Konsumentenschutz.

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