E-Voting ist in der Schweiz nichts Neues. Die ersten Versuche gabs schon 2004, in 4 Genfer Gemeinden. Zwischen dem 30. November 2008 und dem 13. Februar 2011 durfte ich selbst 9-mal elektronisch abstimmmen. "Mein" Stadtkreis in Winterthur war damals zu den E-Voting-Pilotversuchen zugelassen, die damals in 12 Kantonen durchgeführt worden sind.
Fix eingeführt wurde E-Voting in der Schweiz nie, obwohl die Schweiz richtig fortschrittlich unterwegs war. Sogar Estland, ein Vorzeigeland punkto digitaler Verwaltung, stieg später ein.
Ich bin froh, nicht in Basel, St. Gallen und Thurgau zu wohnen
Und nun startet die Schweiz die nächsten E-Voting-Versuche – mit einem System der Schweizer Post. Ausgewählte Bürgerinnen und Bürger der Kantone Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau dürfen ihre Stimmen dieses Wochenende elektronisch abgeben. Ich bin froh, nicht zum erlauchten Kreis zu zählen.
Die Vorteile von E-Voting sind mir durchaus bewusst. Der dritte Kanal erleichtert die Stimmabgabe für Menschen mit Behinderung und Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer massiv. Und vielleicht wird auch der eine oder die andere junge Erwachsene dank dem "E" vor dem Voting dazu bewogen, vom Stimmrecht Gebrauch zu machen.
Aktuelle DDoS-Attacken zeigen Störungspotenzial
Doch demgegenüber steht das grosse Risiko der Manipulation oder der Störung der E-Voting-Systeme. Einerseits das Stimmgeheimnis zu wahren und andererseits die Abstimmungsresultate nachträglich verifizieren zu können, ist auf einer Skala von schwierig bis unmöglich sicher rechts der Mitte anzusiedeln.
Und bevor es überhaupt zur Auszählung der Stimmen kommen kann, müssen diese von Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern abgegeben werden können. Die kürzlichen DDoS-Angriffe auf die Websites von Bundesverwaltung, Städten und Gemeinden haben gezeigt, wie einfach Cyberkriminelle den Betrieb stören können.
All die genannten Probleme, oder sagen wir wohlwollend Herausforderungen, sind mit viel Geld zu lösen oder zumindest zu minimieren. Aber ist es das Wert, bei dem, was auf dem Spiel steht?
Wenn das Vertrauen in Resultate gestört wird, ist alles verloren
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Verliererinnen und Verlierer von Abstimmungen das Resultat anzweifeln, wenn Stimmen über den dritten Kanal abgegeben worden sind. Ob die Zweifel begründbar sind oder nicht, ist dabei unerheblich. Zweifel zu säen, dürfte genügen, um das Vertrauen der Bevölkerung in ein Abstimmungs- oder Wahlresultat nachhaltig zu stören.
Was hat die Schweiz gewonnen, wenn sie nebst der Stimmabgabe im Wahllokal und der brieflichen Abstimmung einen dritten Kanal etabliert?
Wenig bis nichts.
Und was kann die Schweiz verlieren, wenn E-Voting flächendeckend eingeführt wird?
Viel bis alles.