Die Digitale Gesellschaft und der
Schweizer Dienst für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (ÜPF) haben sich vor Gericht
darüber gestritten, ob die Formulare, die von Strafverfolgungsbehörden für die Anordnung von Überwachungsmassnahmen verwendet werden, vom Verein eingesehen werden dürfen. Während sich die Digitale Gesellschaft gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz, um eine Veröffentlichung der leeren Formulare bemühte, lehnt das ÜPF eine solche mit Verweis auf allfällige Missbrauchsversuche ab.
Ein entsprechender Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts gab schlussendlich der Digitalen Gesellschaft recht, die sich nun entschieden hat die Formulare zu veröffentlich. Die Dokumente zeigen konkret auf, welche Überwachungsmassnahmen Schweizer Strafverfolgungsbehörden beim ÜPF anordnen können. Darunter finden sich Methoden wie das Abhören von Telefongesprächen, das Abfangen von E-Mails und Postsendungen sowie das Auslesen von Antennensuchläufen, mit denen bestimmt werden kann, welche Mobiltelefone zu welcher Zeit mit welchem Mobilfunkmasten in Verbindung standen.
Rasterfahndung und Nutzeridentifikation
Gemäss der Digitalen Gesellschaft wurde diese Form der Rasterfahndung in Daten zur Mobilfunknutzung in den letzten 3 Jahren über 6000-mal angeordnet, unter anderem auch im Rahmen der Ermittlungen zum Vierfachmord von Rupperswil. Für die Überwachungsmassnahme würde allerdings noch immer eine formelle gesetzliche Grundlage im Überwachungsgesetz BÜPF (Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und
Fernmeldeverkehrs) fehlen, kritisiert der Verein. Er stösst sich insbesondere daran, dass es sich um eine "Form der Massenüberwachung aller Menschen ohne Anlass und Verdacht" handelt.
Weitere Einblicke geben die Dokumente darüber, wie die Identifikation von Internet-Nutzerinnen und -Nutzern funktioniert. Für entsprechende Auskünfte werden dabei nicht nur die öffentliche IP-Adresse, sondern auch aufgerufene Ziel-IP-Adressen abgefragt. Gemäss der Digitalen Gesellschaft bedeutet dies nichts anderes, als dass die Provider diese Angaben in ihren Datenbanken speichern müssen. Aus diesen Vorratsdaten lasse sich dann schliessen, welcher Internet-Anschluss, wann, welche Angebote genutzt hat. Eine solche weitreichende Form der Vorratsdatenspeicherung sei "weder gesetzlich vorgeschrieben", noch "menschenrechtskonform", kritisiert die Gesellschaft.
Allzu überraschend seien die Informationen aus den Formularen allerdings nicht. Vielmehr würden sie einen "gut ausgebauten und geölten Überwachungsstaat" zeigen, schreibt die Digitale Gesellschaft. Bereits 2020 seien die Formulare von nur noch 3 Kantonen verwendet worden. Aktuell komme ein Online-System zum Einsatz, bei dem die nun veröffentlichten Formulare digital als PDF-Dateien ausgefüllt werden. Wer sich das Ganze genauer anschauen will, kann die Dokumente
herunterladen.