Zürich: Vorstoss zum Ende der Hermes-Pflicht überwiesen

13. Mai 2025 um 11:09
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Foto: Aho / Unsplash

Ein Postulat im Gemeinderat fordert agilere Methoden bei IT-Projekten. Jetzt wurde der Vorstoss in abgeschwächter Form an den Stadtrat überwiesen.

Im Juli 2024 haben Barbara Wiesmann (SP) und Flurin Capaul (FDP) mit einem Postulat im Zürcher Gemeinderat gefordert, dass bei den städtischen IT-Projekten zukünftig auf den Projektmanagementstandard Hermes verzichtet werden soll. Begründet wurde der Vorstoss damit, dass Hermes nicht von Grund auf für eine agile Entwicklung ausgelegt sei.
"Die Projektmethode ist für ein erfolgreiches Softwareprojekt von ent­schei­dender Bedeutung. Agile Projektmethoden wie Scrum, Kanban und Lean sind heute in der Industrie Standard und werden laufend weiterentwickelt", hiess es in ihrem Postulat. Die Initianten forderten deshalb, dass die Projektmethode für Softwareprojekte nicht mehr zwingend vorgeschrieben wird.

Verzicht wird abgelehnt

An der Ratssitzung vom 16. April 2025 wurde der Vorstoss vom Gemeinderat behandelt. Dabei gab es eine rege Diskussion und verschiedene Änderungs­an­träge. So forderte etwa die Fraktion der Alternativen Liste, dass der Vorstoss nicht auf einen Hermes-Verzicht, sondern auf den Einsatz von weiteren agilen Methoden unter der Berücksichtigung des "Agile Agreement Frameworks" abzielen sollte.
"Ich arbeite mittlerweile seit 35 Jahren mit dieser Projektmethodik und ich kann mich nicht erinnern, dass wir damit nie agil gearbeitet haben", sagte etwa AL-Gemeinderat Christian Häberli. "Das Agile Agreement Framework ist eine sinnvolle Ergänzung zur Projektmethode Hermes und würde die Informatik der Stadt Zürich auszeichnen, wenn sie einen Schritt weitergehen und eine Pionierleistung erbringen würde."
Ebenfalls nicht zufrieden mit dem Vorstoss war die SVP. Derek Richter sagte, dass die Partei einen Verzicht auf Hermes als nicht zielführend erachtet. Als Alternative solle der Text des Postulats so angepasst werden, dass bei Softwareprojekten zugunsten einer zweckdienlicheren Methode auf Hermes verzichtet werden kann. "Wir finden diese Formulierung viel liberaler", so das Votum der SVP.
Auch von der Grünliberalen Partei gab es Kritik: So sagte Sven Sobernheim: "Wir haben volles Verständnis dafür, dass Hermes eine mühsame und im Alltag teilweise unnötige und aufwändige Projektmethode sein kann." Die von der Stadt eingesetzte Software sei aber für eine Vielzahl von Verwaltungen entwickelt worden. "Deshalb ist es sinnvoll, dass wir uns daran orientieren, was die anderen föderalen Ebenen – insbesondere Kanton und Bund – tun", so die GLP.

Geändertes Postulat überwiesen

Flurin Capaul verwies in der Diskussion erneut darauf, dass es problematisch sei, dass Hermes derzeit verpflichtend sei. Barbara Wiesmann zeigte sich jedoch mit der Textänderung von Derek Richter (SVP) einverstanden, lehnte aber den Vorschlag von Christian Häberli (AL) ab. Bevor das Geschäft zur Abstimmung kam, ergriff dann auch Stadtrat Daniel Leupi in seiner Funktion als Vorsteher des Finanzdepartements das Wort:
Er möchte dem Eindruck widersprechen, dass sich die Stadt mit ihrer aktuellen Praxis selbst fesselt, sagte der Stadtrat. "Mir wurde gesagt, dass Hermes bei weitem nicht so starr ist, wie teilweise dargestellt wurde. Die Methode hat sich weiterentwickelt und ist keineswegs stehen geblieben." Trotzdem wurde das geänderte Postulat in der Schlussabstimmung mit 80 zu 31 Stimmen bei 3 Enthaltungen dem Stadtrat zur Prüfung überwiesen.

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