Zu den besten Schweizer IT-Arbeitgeber gehören Microsoft, BBV und Google. Zumindest wenn es nach 15'000 Beschäftigen geht, die kürzlich in einer
Befragung von 'Handelszeitung' und 'Le Temps' mitgemacht und die besten IT-Arbeitgeber gekürt haben. Weil die Ergebnisse der Umfrage so gelesen werden können, dass die 13 besten IT-Unternehmen während der Pandemie einen besonders guten Job gemacht haben, wollten wir von Ihnen wissen: Wie regeln Sie Hybrid-Work in Ihrem Unternehmen?
Die 13 besten Schweizer IT-Arbeitgeber
In der Regel keine Regelung
Die meisten Unternehmen verzichten darauf, für die Präsenz im Büro eine konkrete Regelung aufzustellen. "Mitarbeitende sollen dort arbeiten, wo sie die beste Leistung erbringen können", schreibt etwa Abacus-Geschäftsleitungsmitglied Yvonne Seitz, und ergänzt: "Dabei geht es immer darum, dass betriebliche Anforderungen berücksichtigt werden." Auch von Bechtle heisst es, dass es keine Rolle spiele, "wie und wo die Mitarbeitenden tätig sind". Ähnlich klingt es bei Gabriel Wiskemann, HR-Chef bei SAP in der Schweiz: "Wir machen keine Vorgaben, wie viel Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit vor Ort beziehungsweise im Büro verbracht werden soll." Allerdings, so Wiskemann, sei 100% Homeoffice nicht vorgesehen.
Verbindlichere Regelungen gibt es etwa bei Google: "Mitarbeitende haben weltweit die Möglichkeit, drei Tage im Büro und zwei Tage remote zu arbeiten". Zudem gebe es die Möglichkeit, für 4 Wochen pro Jahr von einem beliebigen Ort aus zu arbeiten. Noch konkreter äussert sich Ti&m, wo die "2:3 Faustregel" gilt, wobei die individuellen Bedürfnisse der Projekte und der Mitarbeitenden festlegen würden, wie die Faustregel angewandt werde. Grundsätzlich sind aber zwei Bürotage bei voller Arbeitszeit vorgesehen. Ganz genauso ist das Modell des Solothurner IT-Dienstleisters Centris. Dieselbe Regel – nur umgekehrt – gilt bei Ergon: Im Sommer 2020 wurde ein Hybridmodell, das minimal 60% vor Ort und maximal 40% im Homeoffice im Jahresmittel vorsieht, definiert. Eingefordert worden sei dieses allerdings nie. Man orientiere sich am Verlauf der Pandemie und befinde sich seither in einer Phase des Experimentierens und der Weiterentwicklung, heisst es. "Ziel ist es, das Beste aus den beiden Arbeitswelten – remote und vor Ort – zu vereinen und gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu definieren." Ohnehin antworteten alle Unternehmen, die Kolleginnen und Kollegen bei der Definition der Arbeitsweise einbezogen zu haben. Swisscom beispielsweise sagt stellvertretend: "Ja, wir haben unsere Mitarbeitenden zu ihren Wünschen befragt."
Was braucht es für die Rückkehr?
Um den Mitarbeitenden einen Grund für die Rückkehr in die Büros zu liefern, tragen Tech-Konzerne im Silicon Valley dick auf. Google beispielsweise hat für die Mitarbeitenden ein Konzert der angesagten Popsängerin Lizzo am Hauptsitz in Mountain View organisiert, wie die '
NZZ' berichtet. Qualcomm habe in San Diego im April eine Welcome-Back-Happy-Hour mit Gratisessen und -T-Shirts organisiert und bei Microsoft gabs Live-Musik, Spiele sowie Gratisbier und -wein.
Ein Auftritt von Gölä oder DJ Bobo oder Francine Jordi organisierte hierzulande niemand. Adesso schickte aber allen Mitarbeitenden als "Back to the Office"-Aktion ein Puzzleteil nach Hause – mit dem Ziel, das Gesamtbild in den 6 Adesso-Standorten fleissig zusammenzusetzen. Alle anderen Unternehmen haben keine besonderen Massnahmen geplant, die die Rückkehr in die Büros speziell fördern sollen. Es wird allerdings betont, dass es kostenlose Getränke oder Früchte schon vor der Pandemie gegeben habe. Centris hält sich noch bedenkt und schreibt, dass solche Ideen "in Planung" seien.
Teure Umbaumassnahmen?
Wer zwischen Homeoffice und Büro pendelt, hebt sich einen Teil der Arbeit für zu Hause auf. Andere Tätigkeiten werden dagegen bewusst ins Office verschoben. "Mitarbeitende schätzen es, Fokusarbeit von zu Hause machen zu dürfen, da die Konzentration durch eine ungestörte Umgebung höher ist", schreibt Bechtle. Auch bei Ti&m ist "die Arbeit im Homeoffice stärker auf das eigentliche 'Doing' ausgerichtet", die Präsenz im Büro sei stärker auf die kommunikativen Aspekte der Tätigkeiten ausgelegt. Sogar Richtlinien dafür gibt's bei Swisscom: Diese würden zeigen, "welche Aktivitäten sich besonders gut für Arbeiten im Homeoffice eignen und welche besser beim physischen Austausch im Office geeignet sind." Das habe insgesamt gut funktioniert, heisst es unisono. Schwierig sei es einzig "bei neuen Mitarbeitenden gewesen, die zum Teil sechs Monate warten mussten, bis sie ihre Teamkolleginnen und -Kollegen persönlich kennenlernen konnten", berichtet Gabriel Wiskemann von SAP, dessen Unternehmen genau wie Microsoft während der Pandemie in den
Circle umgezogen ist.
Um das "neue" Arbeiten zu ermöglichten, mussten die Unternehmen zu Umbaumassnahmen greifen und dementsprechend investieren. Beispielsweise in Kameras in Meetingräumen, Netzwerktechnologie, Begegnungszonen oder Software für Arbeitsplatzmanagement. Zur Höhe der Investitionen halten sich die Unternehmen zurück. Yvonne Seitz von Abacus schreibt, es habe "viel gekostet", ohne allerdings konkret zu werden. Bechtle hat an all seinen Standorten einen Raum "speziell für hybride Meetings" eingerichtet und die Führungskräfte dafür geschult. "Das hat pro Standort 1200 Franken gekostet". Ti&m hat die "ohnehin geplanten Umbaumassnahmen an die neuen Gegebenheiten angepasst". Zudem habe man für "effektives Arbeitsplatzmanagement" eigens eine Software entwickelt und eingeführt und die Basisinfrastruktur angepasst. Dafür seien insgesamt Investitionen im siebenstelligen Bereich getätigt worden. Konkrete Zahlen nennt auch Ergon: "Wir haben aufgrund der Pandemie Microsoft Teams und Miro eingeführt." Das habe weniger als 50'000 Franken gekostet.
Finanzielle Unterstützung für Mitarbeitende
Doch nicht nur die Unternehmen müssen investieren. Auch die Mitarbeitenden selbst haben, oft auf eigene Rechnung, ihre Büros zu Hause aufgerüstet. Sei es mit externen Monitoren, schnellerem Internet, (besseren) Webcams oder bequemeren Bürostühlen. Dafür wurden sie teilweise vom Arbeitgeber unterstützt: "Allen Vollzeitangestellten bei Microsoft Schweiz stehen im Fiskaljahr 700 Franken zur Verfügung, die sie zusätzlich für ihr Wohlbefinden ausgeben können." Auch Abacus, Adesso, Ti&m und Swisscom unterstützen ihre Mitarbeitenden finanziell beim Kauf von Büroequiptment fürs Homeoffice, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Bechtle und Ergon betonen, dass Mitarbeitende ohnehin mit Hardware ausgerüstet seien, die sich gut zügeln lässt. Bei SAP können Mitarbeitende dafür eine "monatliche Homeoffice-Pauschale beanspruchen", die zusätzliche Kosten für Büromaterial, Energie oder Internet abdecken soll.
Fazit: Gleich und gleich gesellt sich gern
Es ist wohl kein Zufall, dass diese Unternehmen bei der Frage nach den besten IT-Arbeitgebern die vordersten Plätze belegen. Die Unterschiede in ihren Hybrid-Work-Modellen sind marginal – im Vordergrund stehen die Mitarbeitenden und ihre Wahlfreiheit, wo sie arbeiten möchten. Einen 100%igen Zwang zur Rückkehr gibts laut den Auskünften bei keinem befragten Unternehmen. Auch gibt es keine speziellen "Lockmittel" für das Comeback im Büro wie im Silicon Valley, dafür aber weitestgehend kostenlose Getränke und Snacks – die gab es allerdings auch schon vor der Pandemie.
Und bei Ihnen?
Decken sich die Auskünfte der Firmen mit Ihren Erfahrungen? Oder wie hat Ihr Arbeitgeber Hybrid Work definiert? Verraten Sie es uns: unten als Kommentar, per
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Disclaimer: Von den 13 Unternehmen in der Rangliste reagierten BBV, Elca und Sicpa nicht innert der gesetzten Frist.