Abacus klagt gegen die Post und Klara, weil der Gelbe Reise nach dem Zukauf des Abacus-Konkurrenten dessen Angebote mit seiner Marktmacht widerrechtlich pushen soll. Klara-CEO Renato Stalder hat gestern die happigen Vorwürfe von Abacus zurückgewiesen, allerdings kannte er zu diesem Zeitpunkt den Inhalt der Klage noch nicht. Das 52-seitige Rechtsbegehren liegt nun inside-it.ch vor.
Die Anzeige ist am 17. März bei der Wettbewerbskommission (Weko) deponiert worden. Abacus fordert eine Untersuchung nach Kartellgesetz (KG) wegen unzulässiger Wettbewerbsbeschränkung. In der Begründung schreibt die Klägerin: Mit der Übernahme von Klara im Oktober 2020 wolle die Post in den Markt für cloudbasierte Buchhaltungssoftware in der Schweiz vordringen. Dies sei ihr aber nicht erlaubt: Es sei gesetzlich verankert, dass die Post ausserhalb ihrer Kerngebiete nicht tätig sein dürfe.
Abacus: Klara soll mindestens kostendecken vermarktet werden
In der Klara-Lösung soll das Login der Schweizerischen Post nicht mehr zum Einsatz kommen dürfen, fordert Abacus. Zudem sollen die Nutzerdaten aus dem Kundencenter des Gelben Riesen nicht mehr an Klara fliessen. Hierfür will die Klägerin unverzüglich vorsorgliche Massnahmen. Schliesslich würden die rund 2,6 Millionen Privatkunden sowie die 300'000 Geschäftskunden mit Account bei der Schweizer Post verschiedentlich mit Klara verknüpft. Dementsprechend heisst es in der Klageschrift: Wer einen Post-Account eröffne, erhalte zugleich einen Account bei Klara. Innerhalb des Post-Kundencenters werde zudem für den digitalen Briefkasten von Klara geworben.
Der Post soll auch verboten werden, die Angebote von Klara nicht-kostendeckend zu vermarkten. Laut Klageschrift ist Klara seit ihrem Markteintritt im Jahr 2017 defizitär. Dies werde von der Post gedeckt, um die Kernfunktionalitäten der Software kostenlos anbieten zu können, so der Vorwurf. Konkurrent Abacus vermutet hier Quersubventionen aus den Monopolbereichen der Post, was gegen das Kartellgesetz verstossen würde. Diesem Punkt widerspricht Klara nicht explizit. CEO Renato Stalder sagte, dass man auf ein Freemium-Modell setze, bei dem einige Basisfunktionen kostenlos angeboten würden. Zwei Dritteln der Klara-Kundschaft genüge dies.
Post will 2030 ein einheitliches Ökosystem
Konkurrenten von Klara könnten schliesslich nicht "mit Hilfe von Mitteln aus Monopoltätigkeiten defizitäre Tochtergesellschaften über Jahre hinweg" finanzieren, sondern müssten positive Betriebsergebnisse erzielen, hält Abacus in der Klage fest. Mit dem Geschäftsmodell der Post würde der wirksame Wettbewerb eingeschränkt und die Marktverhältnisse verfälscht. Das führe schliesslich zu einem überdurchschnittlichen Wachstum bei der Anzahl an Nutzern der Buchhaltungssoftware auf Kosten der Konkurrenten.
Klara-CEO Renato Stalder hatte die meisten Punkte
in seiner Antwort gestern vorweggenommen und erklärt: Weder die Übernahme noch die Einführung des gemeinsamen Logins hätten zu überdurchschnittlichem Wachstum geführt. Das Post-Login werde überhaupt nur von einem "tiefen einstelligen Prozentanteil der Klara-Kundschaft" genutzt. Schliesslich handle es sich beim Vorwuf der Quersubvention nur um "die halbe Wahrheit". Wer nun Recht hat, wird die Weko entscheiden müssen.
Abacus schreibt, dass man seit Übernahme von Klara durch die Post substantiell mehr Aufwand zur Kundenpflege und Kundengewinnung betreiben müsse; dies sei eine direkte Folge des aggressiven Marktauftritts von Klara beziehungsweise der Post-Gruppe. Schliesslich plane die Post bis 2030 ein grosses und einheitliches Ökosystem zu schaffen. Als Konkurrentin und Firma für Softwareentwicklung könne man neben dem "unfairen Angebot" mit ähnlichen Bündelangeboten kaum mehr auf dem Markt bestehen.