Bostoner Private-Equity-Firma hat Adcubum übernommen

4. Februar 2022 um 16:20
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Foto: Milad Fakurian/Unsplash

Die St. Galler Softwareschmiede ist für um die 275 Millionen Franken an den Wachstumsfinanzierer TA Associates verkauft worden.

Die Pressemitteilung, dass TA Associates strategisch in Adcubum investiert, konnte unscheinbarer kaum daherkommen. Zahlen und Fakten fehlten in der Mitteilung vom 10. Dezember 2021 ganz. Dabei handelt es sich bei der Bekanntgabe von der strategischen Wachstumsinvestition der Private-Equity-Firma um den Verkauf des traditionsreichen St. Galler Softwarehauses. Die 1997 gegründeten Software-Schmiede mit dem Fokus auf Kranken-, Sach- und Unfallversicherungen beschäftigt inzwischen nach eigenen Angaben rund 400 Mitarbeitende an 8 Standorten in der Schweiz, Deutschland und Kroatien.
Damals hiess es lediglich, dass die "strategische Wachstumsinvestition" von TA in Adcubum und den 2018 im deutschen Würzburg gegründeten Versicherungsplattformanbieter tech11 mit seinen über 50 Mitarbeitenden helfen werde, dass "ein führender Softwareanbieter für Kernversicherungssoftware in Europa" entstehe. Finanzielle Details der Transaktionen wurden ausdrücklich nicht bekannt gemacht.
Laut Adcubum-CEO Emanuele Diquattro freue man sich auf die "Partnerschaft" mit TA und tech11 und verfolge "gemeinsam weiteres organisches und akquisitorisches Wachstum, einschliesslich der möglichen Expansion in neue Versicherungssegmente und Länder".

Darum geht’s

Wie einem inside-it.ch vorliegenden Schreiben an die Aktionäre bereits vom 11. Oktober 2021 zu entnehmen ist, hat "TA Associates (durch die Bock Capital EU Luxembourg) ein Angebot unterbreitet, sämtliche ausstehenden Aktien der Adcubum AG zu einem Preis von CHF 25 pro Aktie zu kaufen und damit die Adcubum AG zu übernehmen".
Aus gut unterrichteten Kreisen war zu erfahren, dass es sich insgesamt um gut 11 Millionen Aktien handelt, so dass die St. Galler für mindestens 275 Millionen Franken an den neuen Besitzer gegangen sind.
Dazu muss man wissen, dass laut einer anonymen Quelle aus dem Unternehmensumfeld für das Jahr 2020 keine Dividende ausgeschüttet worden ist. Denn Adcubum hatte bei einem um rund 12 Millionen auf zirka 73 Millionen Franken geschrumpften Umsatz einen Verlust von 1,7 Millionen Franken ausgewiesen. Im 2019 habe der Umsatz noch über 85 Millionen Franken und der Gewinn 3,9 Millionen Franken betragen.
Die bisherigen Hauptaktionäre um Martin Ebner respektive der BZ Bank und Anna Holding sowie die Mitglieder des Adcubum-Verwaltungsrats haben "die Offerte akzeptiert und ihre Aktien, insgesamt 72% des Aktienkapitals, an die TA Associates verkauft", heisst es weiter. Der Verkauf werde in ungefähr 6 bis 8 Wochen vollzogen sein, hiess es weiter. Wie inside-it.ch weiss, ist die Auszahlung der Aktien wie angekündigt erfolgt.
Zudem wurden alle übrigen Aktionäre aufgefordert, ihre Aktien "ebenfalls zu den gleichen Bedingungen, insbesondere zum gleichen Preis", an TA zu verkaufen, wozu der Aktionärsbindungsvertrag vom September 2018 verpflichte, so das Schreiben der Verwaltungsräte Urs Fischer, Roger Steiner und Hans-Jürg Bernet sowie des Anna-Holding-Chefs Martin Ebner und der BZ-Bank-Geschäftsleitungsmitglieder Dieter Göldi und Marc Raggenbass.

Notwendigkeit des Verkaufs bleibt unklar

Auf Fragen zu den Hintergründen des Verkaufs, verwies Adcubum nur auf die Medienmitteilung vom letzten Dezember und merkte an, dass es dazu derzeit keine weiterführenden Informationen gibt. Damit bleibt unter anderem offen, ob die BZ Bank, die Anna Holding und VR-Mitglieder weiter am Unternehmen beteiligt bleiben. Nach allerdings unbestätigten Informationen soll diese Aktionärsgruppe noch zu rund 30% beteiligt sein. Unbeantwortet bleibt weiter, ob Adcubum autonom weiterbestehen wird und welche Konsequenzen es hat, wenn die sich ergänzenden Kompetenzen und Ressourcen von Adcubum und tech11 ausdrücklich betont werden?
Klar ist hingegen, was die global agierenden Investoren wollen. Denn TA mit seinen nach eigenen Angaben über 85 Investitionsexperten, "konzentriert sich auf Investitionen in profitable, wachsende Unternehmen der Branchen Technologie, Gesundheitsversorgung, Finanzdienstleistungen, Konsumgüter und Unternehmensdienstleistungen". Man verfüge über 33,5 Milliarden Dollar Eigenkapital und investiere mehr als 2 Milliarden Dollar pro Jahr, so der Investor aus Boston. Als Hauptinvestor beteilige man sich aktiv "an Strategie, Personalbeschaffung, Finanzierungen und Übernahmen". Das Ziel dabei sei, das Wachstum zu steigern, schreibt TA. Das tägliche Geschäft überlasse man hingegen dem Management.

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