Die Schweiz soll von der in der EU diskutierten Chatkontrolle verschont bleiben. Es bestehe keine Absicht, hierzulande eine solche Massnahme einzuführen, hielt der Bundesrat in einem Bericht fest. Aufgrund der in der EU geführten Diskussionen liessen sich die Auswirkungen auf die Schweiz zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht abschliessend beurteilen.
Die Diskussionen um die Chatkontrolle entflammten nach Plänen der EU-Kommission für neue Massnahmen zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (CSA-Verordnungsvorschlag). Diese Massnahmen könnten Anbieter wie Google oder Facebook unter bestimmten Umständen dazu verpflichten, ihre Dienste mithilfe von Software nach Missbrauchsdarstellungen von Kindern zu durchsuchen.
Personen in der Schweiz könnten ohnehin betroffen sein
Der
Nationalrat forderte den Bundesrat auf, die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz vor der Massnahme zu schützen. Die von der EU geplante Massnahme stelle keine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar, führt der Bundesrat aus. Dennoch könne nicht ausgeschlossen werden, dass Personen mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz von den vorgeschlagenen Regelungen und damit auch von den Aufdeckungsanordnungen betroffen wären. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn sie in der EU angebotene Dienste verwenden, wie es im Bericht weiter heisst.
Falls die EU die Massnahme beschliesst, könnte sie in einem Konflikt zum Schweizer Recht und namentlich zum Territorialitätsprinzip stehen, hält der Bundesrat fest. Dieses verbietet Handlungen eines fremden Staates auf schweizerischem Gebiet ohne Bewilligungen. Die genauen Auswirkungen waren aber vorerst unklar, denn im Sinne der Amts- und Rechtshilfe zeige sich eine Tendenz zum Abbau von souveränitätsrechtlichen Hindernissen.
Verhandlungen in der EU im Sommer gescheitert
In der EU waren im Sommer die Verhandlungen zwischen den EU-Staaten um die Chatkontrolle wegen Bedenken mehrerer Länder
vorerst gescheitert. Differenzen gab es neben der Aufdeckungsanordnung auch bei Fragen zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.
Datenschutzorganisationen, Anbieter von Messenger-Diensten sowie Politikerinnen und Politiker haben die Pläne zur Chatkontrolle wiederholt heftig kritisiert. Sie schaffe keine zusätzliche Sicherheit für Kinder, sondern führe zum Ende der privaten Kommunikation über Messenger, wie man sie kenne, hiess es beispielsweise aus Deutschland. Auch der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte schrieb in einem Urteil, dass die Schwächung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung unverhältnismässig sei
Ungarn hat seit Juli im Rat der EU den Vorsitz und brachte einen neuen Kompromissvorschlag ein. Dieser war zuletzt Gegenstand von weiteren Beratungen. Über den endgültigen Gesetzestext müssten die EU-Länder mit Parlament und Kommission verhandeln, bevor die neuen Regeln in Kraft treten könnten.
(Mit Material von Keystone-sda)