Noch vor ihrer neuen Zusammensetzung hatte die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) die parlamentarische Initiative "Das Recht auf digitale Unversehrtheit in die Verfassung aufnehmen" im vergangenen November abgelehnt. Der Entscheid fiel mit 13 zu 11 Stimmen knapp aus.
Die von Samuel Bendahan (SP/VD) eingereichte Initiative verlangt eine Änderung des Artikels 10.2 in der Bundesverfassung. Neu soll in diesem Artikel der Begriff "digitale Unversehrtheit bzw. Integrität" hinzukommen. "Die Daten über uns müssen uns gehören und wir müssen eine gewisse Kontrolle über sie haben. Eine missbräuchliche Verwendung dieser Daten ohne unsere Zustimmung oder gegen unsere Interessen darf nicht zugelassen werden", sagte uns Bendahan vor einem Jahr zur Lancierung seiner Initiative.
Die SPK-N schlug ein Nichteintreten auf diese Initiative vor: "Nach Ansicht der Kommission reicht der bestehende Grundrechtskatalog aus, um die wesentlichen Rechte einer Person in der digitalen Welt zu schützen. Deshalb ist ein Eingreifen auf Verfassungsebene nicht nötig."
Damit wurden auch Argumente aufgegriffen, wie sie Florent Thouvenin, Professor für Informations- und Kommunikationsrecht an der Universität Zürich,
gegenüber inside-it.ch formulierte: "Die Verfassung schützt bereits die physische und psychische Integrität aller Bürgerinnen und Bürger. Inwiefern sich die digitale Integrität davon unterscheidet, ist unklar."
"Eine wichtige Frage"
Die SPK-N will sich allerdings eine Hintertüre offen halten: "Die Kommission wird sich an einer ihrer nächsten Sitzungen damit befassen, ob es angebracht ist, die Situation zu überprüfen und Schritte in diese Richtung zu unternehmen", teilte sie zu ihrem Entscheid mit.
Entsprechend folgte der Nationalrat jetzt dem Antrag der Kommission. Mit 116 zu 65 Stimmen wurde die Initiative abgelehnt. Damien Cottier (FDP/NE) sagte in der Debatte: "Die Kommission war ziemlich offen, weil die Frage, die der Initiator, Herr Bendahan, gestellt hat, tatsächlich eine wichtige, eine aktuelle und eine gute Frage ist, aber die Kommission kam eher zu dem Schluss, dass es nicht notwendig ist, unsere Verfassung zu ändern. Aus diesem Grund fordert sie (die Ratsmitglieder) auf, dieser parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben."
Was machen die Kantone?
Barbara Steinmann (SVP/ZH) verwies auf den Kanton Genf, wo
eine entsprechende Initiative bereits angenommen wurde: "Ähnliche Vorschläge stehen derzeit unter anderem in den Kantonen Wallis, Waadt, Jura und Neuenburg zur Diskussion. Die Kommission möchte diese kantonalen Entwicklungen zuerst noch abwarten, um daraus Lehren ziehen zu können, insbesondere in Bezug auf den praktischen Nutzen eines explizit ausformulierten Grundrechts auf digitale Unversehrtheit", erklärte Steinmann.
Bereits mit einer Stellungnahme reagiert hat die Piratenpartei: "Offenbar ist dem Nationalrat nicht bewusst, dass wir uns im Informationszeitalter befinden und unsere Grundrechte deshalb dringend ein Update benötigen, um eine freiheitliche und demokratische Zukunft zu gewährleisten." Die Partei will jetzt ihre bereits angekündigte Initiative im Kanton Zürich forcieren.
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