Die Kantone sollen in begrenztem Umfang wieder Versuche mit E-Voting durchführen können. Der Bundesrat hat seine Vorschläge zur Neuausrichtung des Versuchsbetriebs in die Vernehmlassung geschickt.
Der Bundesrat überarbeitete die Anforderungen für weitere Tests und insbesondere für die Sicherheit. So will die Regierung neu, dass nur noch vollständig verifizierbare E-Voting-Systeme zum Einsatz kommen sollen. Eine vollständige Verifizierbarkeit soll es erlauben, Manipulationen an den elektronisch abgegebenen Stimmen festzustellen.
Bug-Bounty-Programme und externe Experten
Weiter möchte der Bundesrat die Transparenz erhöhen. Die Vernehmlassungsvorlage regelt, wie die ständige öffentliche Überprüfung von E-Voting-Systemen ermöglicht werden soll. Dazu gehört laut Mitteilung der Zugang zur Dokumentation, die Offenlegung des Quellcodes sowie die Publikation von Prüfberichten inklusive Informationen über allfällig festgestellte Mängel.
Ausserdem soll mit öffentlichen Bug-Bounty-Programmen die Security verbessert werden. Beim E-Voting-Betrieb soll auch der Wissenschaft künftig eine wichtigere Rolle zukommen. Der Bund möchte unabhängige Fachpersonen stärker in die Konzeption, Entwicklung und Prüfung einbeziehen.
Auch für die Zertifizierung von Abstimmungssystemen soll neu eine unabhängige Überprüfung im Auftrag des Bundes erfolgen. Bisher war der Hauptteil der Überprüfungen im Auftrag der Kantone beziehungsweise des Systembetreibers durchgeführt worden.
Überarbeitete Systeme von Post und Genf
Im Juni 2019 hatte der Bundesrat nach Versuchen in mehreren Kantonen entschieden, dass E-Voting vorläufig nicht als ordentlicher Stimmkanal eingeführt wird. Er begründete dies mit Sicherheitsproblemen.
Seit dem Rückzug von Abstimmungssystemen der Post und des Kantons Genf im Jahr 2019 stehen in der Schweiz keine E-Voting-Systeme mehr zur Verfügung. Mittlerweile sind aber neue in Sicht.
Laut dem Bund publizierte die Schweizerische Post
im vergangenen Januar in einem ersten Schritt ein kryptografisches Protokoll eines vollständig verifizierbaren Systems. Auch die Berner Fachhochschule stellte die sicherheitskritischen Elemente des früheren Genfer Systems fertig und stellte sie im Herbst 2020 unter Open-Source-Lizenz zur Verfügung.
Beide Systeme seien auf die Erfüllung der Anforderungen des Bundes an die vollständige Verifizierbarkeit ausgerichtet, hiess es im Vernehmlassungsbericht des Bundesrats.
E-Voting-Anteil bleibt beschränkt
Der Bundesrat will E-Voting weiterhin landesweit einschränken. So möchte die Regierung pro Kanton maximal 30% und schweizweit maximal 10% der Stimmberechtigten für E-Voting-Versuche zulassen. Ausgenommen werden von dieser Limite sollen Auslandschweizerinnen und -schweizer sowie Stimmberechtigte mit einer Behinderung.
Was bleiben soll, ist die Wahlfreiheit der Kantone: Gemäss dem Vorschlag des Bundesrats entscheidet jeder Kanton weiterhin selber, ob er E-Voting-Versuche durchführen möchte.
Auch die Beschaffung der Systeme bleibt Sache der Kantone. Sie können wie bisher ein eigenes System betreiben, das System eines anderen Kantons verwenden oder ein privates Unternehmen beiziehen.
Die Stossrichtung des neuen Versuchsbetriebs hatte der Bundesrat
schon im Dezember 2020 vorgegeben. Damit wollte er es E-Voting-Akteuren erleichtern, sich auf eine möglichst baldige Wiederaufnahme des Versuchsbetriebs und das neue regulatorische Umfeld vorzubereiten. Die Bundeskanzlei bereitet den Angaben zufolge bereits die Überprüfung der zukünftigen E-Voting-Systeme durch unabhängige Expertinnen und Experten vor.
Die Vernehmlassung zur Neuausrichtung des E-Voting-Versuchsbetriebs dauert bis am 18. August 2021. Konkret sollen die Verordnung über die politischen Rechte (VPR) einer Teilrevision und die Verordnung der Bundeskanzlei über die elektronische Stimmabgabe (VEleS) einer Totalrevision unterzogen werden.