Die Justizministerinnen und -minister aus der Schweiz, Österreich, Deutschland, Luxemburg und Liechtenstein haben erhebliche Bedenken gegen die Pläne der EU-Kommission im Kampf gegen Bilder missbrauchter Kinder im Netz geäussert.
In einem gemeinsamen Schreiben, das sie an ihre EU-Amtskolleginnen und -kollegen geschickt haben, heisst es, die Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet habe für sie grosse Bedeutung. Der Schutz der Bevölkerung vor anlassloser Überwachung sei jedoch ein hohes demokratisches Gut. "Der vorliegende Verordnungsentwurf findet aus unserer Sicht hier nicht die richtige Balance und könnte möglicherweise sogar für den Kinderschutz kontraproduktiv sein", heisst es im Brief, der der 'Deutschen Presse-Agentur' vorliegt.
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hatte im Mai 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, um die Verbreitung von Darstellungen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, einzudämmen. Kritiker nutzen dafür das Schlagwort "Chatkontrolle".
Die fünf Justizminister und Justizministerinnen verwiesen in ihrem Brief unter anderem auf eine Einschätzung des Juristischen Dienstes des Rates und eine Folgenabschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments. Beide Gutachten hätten ergeben, dass umfassende Änderungen an dem Vorschlag notwendig seien.
Die von der EU vorgeschlagene Chatkontrolle sorgte auch in der Schweiz für hitzige Diskussionen. Anbieter sollen in die Pflicht genommen werden, Material über sexuellen Kindesmissbrauch in ihren Diensten aufzudecken, zu melden und zu entfernen. Davon betroffen wär auch die verschlüsselte Kommunikation. Mit einer Motion soll dies in der Schweiz verhindert werden.
Der Vorstoss will den Bundesrat auffordern, das "garantierte Recht auf den Schutz von Privatsphäre" durchzusetzen und die Einwohnerinnen und Einwohner "vor der Europäischen Kommission vorgesehenen Chatkontrolle zu schützen". Der Bundesrat argumentierte, man wisse noch nicht, wie die Regulierung konkret umgesetzt werden soll. Man beobachte die Situation. Er beantragte deshalb im November,
die Motion abzulehnen – damals allerdings noch mit einer anderen Justizministerin.